Hochfest des Leibes und Blutes Christi, Fronleichnam (B)

Predigtimpuls

Für das, was uns heiligt ist, auf die Straße gehen

1. Lesung: Ex 24,3-8
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: Hebr 9,11-15
Evangelium: Mk 14,12-16.22-26
Zum Kantillieren des Evangeliums: www.stuerber.de

Was sich an diesem Morgen in vielen Städten und Dörfern unserer Republik tut, ist ein Szenario, das schon irgendwie eigenartig ist. In einem inzwischen eher säkularisierten Stadtbild – und in manchen Dörfern mag es nicht anders sein – wirken unsere Fronleichnamsprozessionen schon etwas bizarr.

So denke ich, dass das, was all die Menschen, die in den Prozessionen am Fronleichnamstag mitgehen, bewegt, schon etwas mit dem Mut von Menschen zu tun hat, die als Zeugen ihres Glaubens auf die Straße gehen!

Dabei ist Mut ein Wort, das einem Menschen, der Mut beweist, zuspricht, etwas zu tun, das ihn in positiver Weise von anderen Menschen unterscheidet. Letztere wären zwar durchaus in der Lage, dasselbe zu tun wie er, sie unterlassen es aber, weil ihnen eben der Mut dazu fehlt.

Mutig nenne ich Christen und Christinnen, die sich in aller Öffentlichkeit zu einem Stück Brot bekennen, von dem ihnen ihr Glaube sagt: In diesem Stück Brot gibt sich Gott uns Menschen in seinem Sohn Jesus Christus zu essen.

Mut beweist, wer in einer Welt, in der scheinbar alles erklärbar ist, singend und betend sich hinter die Gegenwart Jesu Christi in der Eucharistie stellt und so dem, was erklärbar ist, das Unerklärbare in dieser Welt gegenüberstellt.

Mutig nenne ich Menschen, die sich nicht schämen, der Gemeinschaft von Gläubigen sichtbar zuzugehören, von der man zu Recht als einer Kirche sprechen kann, die Fehler macht und gemacht hat, die aber auch Menschen half und hilft, ihr Leben als Geschenk und Chance zu entdecken.

Mut ist jenen zuzusprechen, die für ihren Glauben auf die Straße gehen und sich nicht scheuen, die Menschenfreundlichkeit Gottes und die Botschaft Jesu Christi zu bezeugen, dass wir dankbar unser Leben aus der Hand Gottes annehmen und bejahen dürfen, auch wenn es Ecken und Kanten hat.

Manche dieser guten Christen könnten nun sagen: “Ich bin doch nicht mutig, ich tue einfach nur, was ich für richtig halte, was zu meinem Glauben heute dazugehört, also etwas ganz Normales.” Zugegeben, für die einen ist es ganz normal, an Fronleichnam auf die Straße zu gehen, andere aber benötigen für denselben Schritt schon eine gute Portion Mut.

Nun könnte man den guten Katholiken fragen, ob man ihn denn auch Demonstrant nennen dürfe. Denn eigentlich demonstrieren Katholikinnen und Katholiken ja, das heißt, sie zeigen den Menschen, mit denen sie zusammenleben, öffentlich auf ihren Straßen, was ihnen heilig ist und deswegen für sie auch unaufgebbar ist und bleibt: die Nähe Gottes in Jesus Christus, der sich uns anvertraut in der sichtbaren Gestalt des eucharistischen Brotes, das wir in der Monstranz tragen, um ihn zu sehen und zu zeigen.

Und sie demonstrieren zudem einen Lebensgrundsatz, der sie als Christinnen und Christen identifizierbar macht. Dieser Grundsatz lautet: Als von Jesus Christus um einen Tisch eingeladen und versammelt, sind wir eingeladen, die zu versammeln, die sich nach mehr sehnen als nur nach dem, was von Menschenhand gemacht werden kann! Wir versammeln Menschen an einen Tisch, ungeachtet ob sie uns gefallen oder nicht, einfach nur mit der Begründung, weil Gott für jeden Menschen einen Platz an seinem Tisch freigehalten hat und uns bittet, diesen Platz den Menschen anzubieten.

Sich in aller Öffentlichkeit zu diesem Gott, der Menschen um sich versammeln will, zu bekennen – auch das bedeutet Mut zu haben: den Mut zu jedem Menschen, egal wie er sich mitbringt, weil Gott sich jedem Menschen zumuten will; den Mut, sich mit anderen Meinungen, Erfahrungen und Kulturen auseinanderzusetzen, weil Gott die Vielfalt in der Einheit liebt; und es bedeutet auch den Mut zu sich selbst, weil Gott auch uns gerufen hat, damit wir vorkommen, wie wir heute sind, und doch auch fähig, uns zu verändern.

So werden wir immer Demonstrierende bleiben, die auf das uns Heilige zeigen, auf Gott in Jesus Christus, uns zum Essen nahe – in geteiltem Brot.
So werden wir immer Demonstrierende bleiben, die auf das uns Heilige zeigen und selbst gerufen sind, Heil in purer Menschenfreundlichkeit erfahrbar werden zu lassen.

Für Gott demonstrieren bedeutet: Demonstrant der Menschenfreundlichkeit Gottes zu sein.

 

P. Dr. Bernd Werle SVD