15. Sonntag im Jahreskreis (B)

Predigtimpuls

Nicht „Komm!“, sondern „Geh!“

1. Lesung: Am 7,12-15
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: Eph 1,3-14
Evangelium: Mk 6,7-13


Schwestern und Brüder im Herrn!
Wenn es in den Sommermonaten jetzt in der Pfarre ruhiger wird, dann nütze ich die Tage zu jenen Arbeiten, die sonst so unterm Jahr liegen bleiben. Eine dieser Arbeiten ist es, die Pfarrchronik zu schreiben. Jede Pfarre muss eine Chronik führen. Über die verschiedensten Aktivitäten muss berichtet werden. Die Aktionen der einzelnen Arbeitskreise werden erwähnt. Es soll ein Bild gezeichnet werden von dem, was sich im Laufe des Jahres in einer Pfarre so tut. Wie lebendig, wie aktiv ist unsere Pfarrgemeinde? - Das soll sich in der Pfarrchronik spiegeln. Und dazu dienen auch angeführte Zahlen: Wie viele Taufen gibt es im Laufe eines Jahres? Wie viele Menschen treten wieder in die Kirche ein? An zwei fixen Sonntagen werden die Gottesdienstbesucher gezählt. Und all diese Zahlen und Berichte gehen dann an die Diözese. Man will dadurch feststellen, wie lebendig unsere Pfarrgemeinden sind, wie stark der Glaube in den einzelnen Gemeinden noch lebt.

Aber: Was macht eine lebendige Pfarrgemeinde eigentlich aus? Wann lebt die Kirche wirklich?
Ist es dann, wenn möglichst viele Leute sich an Sonntagen in den Kirchenbänken zählen lassen? Ist es dann, wenn viele Aktionen die Leute in Scharen in die Pfarrräume locken?
Wenn viel los ist in der Pfarre; ist damit wirklich auch gleichzeitig viel los im Glaubensvollzug? Genügt es, wenn viele kommen?

Die Botschaft der heutigen Schrifttexte ist nicht „Komm!“
Die Botschaft ist eine ganz andere, nämlich: „Geh!“

„Geh, Seher!“, so befiehlt Gott dem Amos. „Geh, flüchte dich ins Land Juda! Tritt dort als Prophet auf!“ Und im Evangelium auch ein Sendungsauftrag: Jesus ruft die Zwölf und sendet sie aus, jeweils zu zweit. „Und die Zwölf machten sich auf den Weg“ – heißt es dann weiter.

Lebendiger Glaube braucht die Sendung, braucht das Hinausgehen. Nur zu bleiben, sich immer wieder nur versammeln und sich unter seinesgleichen wohl fühlen, das ist zu wenig.

Zu den Menschen gehen, nicht darauf warten, dass sie kommen! Das ist unsere Herausforderung und unser Auftrag. Aber der Auftrag ist nicht leicht und die konkreten Realisierungen sind bescheiden genug. Eigentlich sollten die diözesanen Erhebungsbögen nicht nur erfragen, wie viele Leute sonntags in der Kirche sitzen.

Eigentlich sollte man auch angeben, wie viele Menschen von uns besucht wurden, die nicht in die Kirche kommen. Wie viele fernstehende Menschen unserer Pfarre besuchen wir? Wie viele laden wir ein, doch wieder einmal zu kommen und den Glauben mit uns zu feiern?

Ich denke, daran ließe sich auch die Lebendigkeit unserer Gemeinde feststellen. Nicht nur an der Zahl der Kirchenbesucher.

Aber es geht ja nicht primär darum, die Lebendigkeit festzustellen. Es geht darum, einen Grundauftrag unseres Glaubens ernst zu nehmen, nämlich: den Auftrag Geh! Geh, ich sende dich zu den anderen Menschen. Geh, ich sende dich zu jenen, die nicht da sind.

Aber gilt dieser Auftrag wirklich auch mir? Bin ich wirklich auch gemeint?
Gott sendet Amos. Ein ganz einfacher Mann. Ein Landwirt und Viehzüchter. Kein religiös Gebildeter, kein Schriftgelehrter. Von der Viehherde hat Gott in weggeholt und gesendet. Wie könnte Gott da nicht auch mich meinen und nicht auch mich brauchen?

Als der Mensch, der wir eben sind, will Gott auch uns senden. Mit dem, was wir tun, und sei es auch noch so bescheiden, können wir Zeugnis geben. Wir brauchen keine großen Gottes-Erfahrungen zu haben. Große theologische Erkenntnisse und tiefe spirituelle Erfahrungen sind nicht erforderlich. Wenn jeder von uns nur das Wenige lebt und bezeugt, was ihm im Glauben wichtig geworden ist, dann kann das schon unheimlich viel sein und Großes in unserer Gesellschaft bewirken. Wir brauchen keine Heiligen sein und keine Märtyrer.
Wir brauchen keine Dämonen austreiben. Aber wir können mithelfen, dass der oft lebenzerstörende Zeitgeist unserer Tage ein wenig an Kraft verliert. Wir brauchen keine Wunder an den Kranken wirken. Aber heilsam für andere einfach da sein – das kann jede und jeder von uns.

Jesus schickt seine Jünger immer zu zweit aus. Warum eigentlich nicht alleine? Vielleicht deshalb, weil sie alleine nur darüber geredet hätten, was sie von diesem Jesus gelernt und begriffen haben. Alleine wären sie vielleicht nur Prediger geblieben. Zu zweit können sie ihre Botschaft nicht nur sagen, sondern gleich auch vorleben. Aneinander vorleben, wie das geht: sich um den Anderen zu sorgen, einander zu verzeihen, das Brot miteinander zu teilen, in der Traurigkeit zu trösten und sich gemeinsam freuen - letztlich: den Nächsten lieben wie sich selbst.

Darüber reden, das geht noch relativ leicht. Aber es dann ganz konkret vorzuleben, ist schon eine Herausforderung. Aber darum geht es Jesus. Das ist seine Sendung an die Jünger. Und das ist jene Sendung, die auch uns gilt. Und wie lebendig unsere Pfarrgemeinde ist, werden weniger die Zahlen der Sonntagsgottesdienst-Besucher zeigen. Sondern vielmehr, wie sehr wir diese Sendung Jesu ernst nehmen und leben. Amen!

 

P. Josef Denkmayr SVD