Hochfest des Heiligen Josef

Predigtimpuls

„Ich will mein Versprechen erfüllen“

1. Lesung: Gen 12,1-4 (Predigt)
oder: 2Sam7,4-5a.12-14a.16
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: Röm 4,13.16-18.22
Evangelium: Mt 1,16.18-21.24a
Oder: Mt 2,13ff. (Predigt)
Oder: Lk 2,41 -51 a
Zum Kantillieren des Evangeliums: www.stuerber.de

„Ich will mein Versprechen erfüllen von einem Tag zum anderen“
So betet der Psalmist im Psalm 61. Der Mann, der so spricht, hat Gott ein Versprechen gemacht. Wir erfahren zwar nicht, worum es ihm im Einzelnen ging. Es ist sein Geheimnis sowie das Geheimnis seines Gottes geblieben. Für uns ist einzig die Tatsache wichtig, dass er Gott etwas versprochen hat. Daran erkennen wir, dass er sein Leben ,mit Gott und aus Gott‘ lebte. Und dies machte ihn zu einem religiösen Menschen.

Das ist alles leicht und schnell gesagt. Doch wie schwer und langwierig ist es, bis es vollbracht ist? Und weil der Psalmist darum weiß, wird er konkreter. Er sagt: „Ich will mein Versprechen erfüllen von einem Tag zum anderen.“ Damit ist gesagt – so meine ich – „Ich will Gott treu sein für diesen einen Tag“. Ich will diesen Tag mit Gott beginnen und mit Gott beschließen. Ergänzend zitiere ich Teresa von Avila: „Der Herr sieht nicht so sehr auf die Größe des Werkes als vielmehr auf die Liebe, mit der es getan wird.“ Und Thomas von Aquin ermutigt uns, wenn er sagt: „Besser ist es, auf dem Weg zu hinken, als abseits vom Weg forsch dahinzuschreiten. Denn wer auf dem Weg humpelt, kommt zwar nur langsam voran, nähert sich aber dem Ziel. Wer jedoch abseits vom Weg geht, der entfernt sich umso weiter vom Ziel, je kräftiger er ausschreitet.“

1. Der Heilige Josef erfüllt sein Versprechen, indem er Gottes Auftrag durchführt
„Steh auf, nimm das Kind, und flieh nach Ägypten; dort bleibe, bis ich dir etwas anderes auftrage…“ Und später noch einmal: „Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter, und zieh in das Land Israel…“ Und beide Male reagiert Josef prompt: „Da stand Josef in der Nacht auf und floh mit dem Kind und dessen Mutter nach Ägypten.“ Während Abraham – Lesung – noch eine Verheißung gegeben wurde, also ein Ziel aufgezeigt wurde, erfährt Josef nur einen Befehl und kein lockendes Ziel, um dessentwillen sich alles lohnt. Beide gehen glaubend dennoch den Weg, den sie sich nicht selbst gewählt hatten, und gerade so erfüllen sie, was Gott will.

2. Heute stehen wir vor der Frage: Was soll mein Leben?
Ist es nur die Zeitspanne zwischen Geborenwerden und Sterben?
Ist alles Zufall oder von Mächten und Kräften abhängig, die wir immer mehr in den Griff bekommen und durch die wir fähiger werden, das Leben besser zu gestalten (Selbstverwirklichung?)?

Oder ist alles von einem tieferen Sinn durchwaltet, auch wenn wir den nicht begreifen?

3. Können wir uns heute noch an Josef orientieren?
Für Josef ist der Glaube an Gott gleichzeitig sein Bekenntnis und sein Vertrauen darauf, dass dieser Gott nur im Sinn hat, uns Menschen einem Ziel entgegenzuführen, wo Not und Leid ausgelitten, wo alle Zerrissenheit ein erfülltes Ende findet. Allerdings dürfte auch ihm das nicht sofort eingegangen sein. Der stille und selbstbewusste Mann aus dem Hause David ahnt zwar bald, dass er für einen besonderen Lebensauftrag bestimmt ist, vermag sich aber dennoch nur schwer und langsam mit der ihm im Heilsplan zugedachten Rolle abzufinden (Mt 1,18-21). Nun ist es für uns von Bedeutung, einmal innezuhalten: Wenn nämlich das Gottes Ziel mit uns ist, dann kann der Weg dahin nicht sinnlos sein. Es ist nicht das Ziel, dass wir diesen Weg begreifen – s. Josef -, sondern dass wir vertrauen, auf diesem Wege ans Ziel zu kommen! Ein solcher Schritt im Glauben und Vertrauen lähmt nicht die eigene Verantwortung; sie ersetzt auch nicht unseren Einsatz. Alles Planen und Werken für eine menschenwürdige Welt ist doch nur möglich und sinnvoll, wenn in allem ein letzter Sinn waltet. Wir haben also jeden Tag – heute – dort anzupacken, wo wir hingestellt sind.

Nimm heute deine Aufgabe als Vater oder Mutter ernst!
Versuche heute, deinen dir anvertrauten Schülern gerecht zu werden!
Sei heute mit ganzem Herzen bei deinem Arbeitseinsatz!
Bejahe heute deine Mitmenschen, die dir begegnen!

Und wie gut ist es dann, wenn wir uns selbst angenommen und bejaht wissen von Gott selbst. So kann ich erst recht meine Umgebung annehmen. Dazu kann auch mal gehören, das Nicht-Machbare im Leben zu bejahen, und das ist wiederum nur sinnvoll, wenn wir Grund zum Mut haben. Gott macht Mut!

M. a. W.: Wenn wir einst Antwort auf unsere Fragen erfahren, dann ist schon jetzt die Möglichkeit gegeben, ungelöste Fragen durchzustehen. Auch Jesus selbst hat auf diesem Wege sein volles Ja zum Vater gesagt: „Meine Speise ist es, den Willen des Vaters zu tun.“ „Nicht mein Wille geschehe, sondern der deinige.“ Hier scheint die Zeit stillzustehen, weil sich viele Probleme und quälende Fragen von einst und jetzt so ähnlich sind, wenn es um Grundfragen des Lebens geht.

4. Abraham – Josef – Nachfolge heute
Mit Abraham und Josef begann jeweils ein neuer Abschnitt in der Geschichte Gottes mit den Menschen. Beide sollten zu ihrer Zeit Träger der göttlichen Verheißung, Botschaft und Führung sein, nachdem die Menschen immer wieder durch Selbstverherrlichung versagten. Beide mussten sich von ihrer Vergangenheit lösen, um sich ganz auf Gott einlassen zu können.

Wenn nun der Herr heute jemand in seine Nähe ruft, wird er auch nicht erst umständlich fragen: „Möchtest du vielleicht?“ Oder: „Überleg doch mal!“
Es gibt eigentlich kein Probieren. Gefordert ist ein Sprung aus Glauben in den Glauben. Gefordert ist das klare Ja oder Nein — also kein laues, schon gleich zu Beginn zerbröckelndes: „Ich will mal sehen.“

Nachfolge ist ein Abenteuer der Freiheit. Ich kann nein sagen – wie der junge Mann im Evangelium. Er wollte das Wagnis nicht riskieren.

Ein älterer Priester sagte einmal: „Du hast viel mehr Möglichkeiten, als du ahnst, ganz zu schweigen von den ungeahnten Möglichkeiten Gottes mit dir.“

Ich erinnere an den Psalmisten: „Ich will mein Versprechen erfüllen von einem Tag zum anderen.“ Wir werden in der engen oder weiten Nachfolge Jesu sehr viel Glauben und Vertrauen brauchen. Wir werden bisweilen „hinken“ und „humpeln“. Aber wir werden auch ein Stückchen neue Geschichte Gottes mit den Menschen schreiben und anderen Antwort sein auf die dringende Frage nach ihrem Lebenssinn. Dazu sollten wir auch immer wieder die Hände falten, um mit Gott zu sprechen:

„Herr, wie du willst, so soll’s geschehen, und wie du willst, so will ich gehen. Hilf, deinen Willen recht verstehen.

Herr, was du willst, das nehme ich hin, und was du willst, ist mir Gewinn, wenn ich nur dein eigen bin.

Herr, weil du willst, drum geht es gut, und weil du willst, drum hab‘ ich Mut. Mein Herz in deinem Willen ruht.

Herr, wenn du willst, dann ist es Zeit, und wann du willst, bin ich bereit jetzt und in Ewigkeit.“

[Anmerkung der Redaktion: Die von P. Schmitz verfasste Predigt wurde bereits veröffentlicht in: DIE ANREGUNG, Nettetal 1992; S. 107-109]

 

P. Josef Schmitz SVD