25. Sonntag im Jahreskreis (C)

Predigtimpuls

Wettkampf der Menschen miteinander

1. Lesung: Am 8,4-7 Hört dieses Wort, die ihr sagt: „Wir wollen mit Geld die Hilflosen kaufen“
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: 1 Tim 2,1-8 Ich fordere auf zu Bitten und Gebeten für alle Menschen, denn Gott will, dass alle gerettet werden
Evangelium: Lk 16,1-13 Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon

Wettkampf der Menschen miteinander
Unsere Gesellschaft wird beherrscht von unserer Wirtschaft. Diese treibt die Menschen zu Wettkampf und Leistung an. Belohnt wird man mit Geld und sozialem Status. Durch die Belohnung tritt eine gewisse Befriedigung ein. Diese hält aber nicht lange an, denn man gewöhnt sich schnell an einen gewissen Status. Und dann will man noch mehr Besitz und Macht und treibt sich zu noch mehr Leistung an. Das gleicht einem Suchtverhalten und tatsächlich sind manche Menschen süchtig nach Erfolg, Geld und Macht.

Das ständige Anheizen des menschlichen Suchens nach mehr und mehr beschäftigt die Gedanken, die Erwartungen und das Streben des Menschen. Die Gedanken kreisen darum, sich zu verbessern, ein größeres Auto zu kaufen, mehr zu erreichen und sich selbst zu optimieren, sich besser zu verkaufen, schöner auszusehen, mehr zu gelten usw. Schon in den Schulen werden die Kinder auf Leistung getrimmt, denn sie sollen später gute Berufschancen haben. Teamfähigkeit ist nur insofern gefragt, als das Team mehr Leistung bringt. Ein Arbeitsteam dient nicht dazu, die Schwächen von Menschen aufzufangen. Da die Menschen so stark in diesem Streben eingebunden werden, beschäftigt dies einen großen Teil ihrer geistigen Fähigkeiten. Ihr Gehirn ist so stark darauf konzentriert, mehr zu erreichen, dass sie von anderen Dingen kaum etwas mitbekommen. Es entsteht ein Tunnelblick.

Es geht aber nicht nur um das ständige Verlangen nach mehr und mehr und mehr, … sondern auch um die Angst davor, etwas zu verlieren. Diese Angst kann den Menschen sehr stark binden. Irgendwie ahnt jeder, der viel besitzt und großes Ansehen genießt, irgendwann einmal, dass das Viele, was man schon erreicht hat, auch einmal wegbrechen könnte. So bleibt der Mensch ganz auf sich selbst bezogen und das zweifach: einmal durch das Verlangen nach mehr und mehr und zweitens durch die ständige Angst davor, etwas zu verlieren.

Bei beiden: beim Verlangen und bei der Angst, dreht sich der Mensch um sich selbst und wird unfähig zu Bindungen für andere und Offenheit für Gott. Im Evangelium heißt es dazu: „Man kann nicht Gott dienen und dem Mammon.“

Der Mensch, ein soziales Wesen, lebt immer weniger „artgerecht“.
Unserem Wesen nach sind wir soziale Wesen. Wir sind darauf angelegt, anderen Menschen zu vertrauen, zu ihnen partnerschaftliche oder freundschaftliche Beziehungen aufzubauen. Durch das Vertrauen erfahren wir Sicherheit, können uns beruhigen und Trost finden in den zahlreichen schwierigen Aufgaben, die das Leben an uns stellt. Das baut Stress ab, schenkt Sinn im Leben und schafft eine Atmosphäre der Geborgenheit und Zufriedenheit. Und genau das brauchen wir heute mehr denn je.

Leider kommt diese Seite des Menschen nicht vor in einer Welt, in der Menschen miteinander wetteifern. Dazu ein Beispiel: Eine Frau, Ende 50, bewarb sich bei einer Firma um einen Arbeitsplatz. Der Personalmanager lud sie zum Vorstellungsgespräch ein, gleichzeitig mit vier weiteren Mitbewerbern. Da saßen nun also die fünf Kandidaten und mussten die Fragen des Personalmanagers beantworten. Wer am schnellsten und besten geantwortet hatte, bekam mehr Punkte. Es war nervenaufreibend für alle Kandidaten. In diesem Wettbewerb misstrauten die Kandidaten einander. Jedem ging es darum, die Arbeitsstelle zu bekommen, und deshalb versuchte jeder cleverer zu sein als der andere. So wurden diese fünf Menschen in eine Situation hineingebracht, in der sie sich gegenseitig misstrauten und keine partnerschaftliche Beziehung aufbauen konnten.

Unsere Leistungsgesellschaft schafft viele solcher Situationen, in denen die Menschen auf der einen Seite aktiviert werden, mehr zu leisten und mehr zu verlangen, und gleichzeitig auf der anderen Seite befürchten, Vieles zu verlieren. Das läuft nicht nur in Bewerbungsgesprächen so. Das kann auch in der Nachbarschaft so laufen. Wer ständig darauf achtet, welcher Nachbar mehr hat als man selbst, wird misstrauisch anderen Nachbarn gegenüber und es fällt schwer, freundschaftliche Beziehungen zu ihnen aufzubauen.

Auf Dörfern stört das Wetteifern den Zusammenhalt und überall fördert es die Einsamkeit. In der Tat leiden viele Menschen in unserer Gesellschaft unter Einsamkeit. Und gleichzeitig steigt die Zahl der psychischen Erkrankungen stetig an. Auch die Zahl der Verarmten und an den Rand gedrängten hat zugenommen. In einer Gesellschaft der Wettkämpfe ist weder Platz für Beziehungen, Freundschaften noch für Verlierer. Vielleicht setzt so langsam ein Umdenken ein? Vielleicht – jedenfalls gilt das für die Tierhaltung. Unsere Gesellschaft hat große Fortschritte in der Tierhaltung gemacht und wir sprechen von artgerechter Tierhaltung, wenn das Tierwohl berücksichtigt wird.

Aber wenn Menschen ständig nur miteinander wetteifern müssen, leben immer weniger artgerecht.

Seelische Gesundheit an oberster Stelle
Nun, eine Gesellschaft zu kritisieren ist das Eine. Was aber kann man selbst tun, wenn man sich nicht einbinden lassen will in diese menschen-unfreundlichen Systeme?

Es gibt einen radikalen Weg. Dieser ist der Weg der Nachfolge Christi z. B. in einem Orden. Man verzichtet weitgehend darauf, vieles haben zu wollen, und findet dafür mehr Frieden mit sich, mit den Menschen und mit Gott.

Für Menschen, die tagtäglich stark eingebunden sind in die Arbeitswelt, ist es empfehlenswert, sich Bereiche zu schaffen, in denen man nicht mit anderen wetteifern muss. Um es genauer zu sagen: Es ist um unserer seelischen Gesundheit willen sehr wichtig! Z. B. mehr Zeit mit der Familie zu verbringen, mit Freunden Kontakte zu pflegen, die dabei helfen, sich gegenseitig zu unterstützen, oder z. B. sich bei einer gemeinnützigen Aktion zu beteiligen. Mental hilft es, sich öfter mit Gott zu verbinden im Gebet. Auch auf der Arbeit kann man sich in der einen oder anderen Situation für mehr Gelassenheit entscheiden. Man muss nicht immer um die Spitzenplätze wetteifern.

Gewiss kann das materielle Einbußen bedeuten, bedeutet aber auch ein Plus an seelischer Gesundheit.

Letztlich dient das auch unserem ewigen Heil. Und Gott wird am Ende des Lebens nicht fragen: „Was hast du alles besessen? Wie viele haben dich bewundert?“ Er wird fragen: „Wie viel hast du geliebt?“

 

P. Oliver Heck SVD