33. Sonntag im Jahreskreis (C) - Welttag der Armen

Predigtimpuls

Welttag der Armen

1. Lesung: Mal 3,19-20b
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: 2Thess 3,7-12
Evangelium: Lk 21,5-19

Düster stehen die Texte des heutigen Sonntags vor uns. Der Prophet Maleachi spricht davon, dass der Tag kommt, der wie ein Ofen brennt und alle Überheblichen verbrennen wird (vgl. Mal 3, 19). Ebenso bejubelt der Antwortpsalm (vgl. Ps 98) das Kommen des Herrn, „um die Erde zu richten“ (ebd.). Auch das Evangelium behandelt das Ende der Welt und spricht dabei von Erdbeben, Seuchen, Hungersnöten, schrecklichen Dingen und gewaltigen himmlischen Zeichen (vgl. Lk 21, 5-19).

Die zweite Lesung setzt die Bahnlesung des 2. Thessalonicherbriefes fort wie an den beiden Sonntagen zuvor, und diese hat eigentlich mit der Thematik der anderen biblischen Perikopen nichts zu tun. Wie soll die Predigerin oder der Prediger damit umgehen, wenn er im Sinne der Liturgiereform des 2. Vatikanischen Konzils keine der Lesungen unter den Tisch fallen lassen will? An dieser Stelle ist kritisch nachzufragen, ob nicht eine grundsätzliche Neuordnung der derzeitigen liturgischen Perikopen-Ordnung angezeigt sei.

Hinzu kommt, dass dieser Sonntag seit 2016 auf Initiative von Papst Franziskus als „Welttag der Armen“ begangen werden soll. Um es klar zu sagen: Auch wenn die mittlerweile inflationäre Idee von Welttagen kritisch zu hinterfragen ist, so war doch die Einführung eines solchen Tages längst überfällig! Die globale zum Himmel schreiende Armut der Mehrheit der Weltbevölkerung ist und bleibt ein Skandal. Nicht wenige, auch innerhalb der Kirche, glauben immer noch an die Häresie des amerikanischen Mythos, wonach es jeder vom Tellerwäscher zum Millionär bringen kann. Viele begnügen sich mit der dummen Theorie, dass Armut ein selbstverschuldetes Los sei, da doch jeder die Chance habe, etwas Gescheites aus seinem Leben zu machen. Doch es gibt weder Chancengleichheit noch Chancengerechtigkeit. Ein Tag wie der heutige ist sehr wichtig, um immer wieder deutlich zu machen, dass der grenzenlose Reichtum – sowohl einzelner Personen als auch einzelner Völker – immer ein Reichtum auf Kosten anderer ist.

Was soll der Prediger oder die Predigerin an diesem Sonntag tun? Sollte frau oder man sich andere Perikopen auswählen? Sicherlich gibt es im Alten und Neuen Testament prägnantere Texte als die des heutigen Sonntags, um die Tatsache zu belegen, dass Jesus der Freund der Armen ist. Sollte sich der Predigende in dieser Wohlstandsgesellschaft vielleicht lieber auf die geistliche Armut verlegen und im Einklang mit dem Evangelium die Bettelarmen seligpreisen, weil ihnen das Himmelreich gehöre? Die Spiritualisierung der Armut war niemals hilfreich, sie verschärft das Problem nur.

Vielleicht bleiben wir einfach bei den drei heutigen Lesungen und versuchen kurz, diese auf den heutigen „Welttag der Armen“ hin zu befragen.

Der Prophet Maleachi bleibt nicht beim düsteren Bild vom Ofen und vom Verbrennen stehen. Er spricht auch davon, dass die Sonne der Gerechtigkeit aufgeht und Heilung bringen wird. Verkürzt könnte man auch sagen, Gerechtigkeit schafft Heilung, aber nur für diejenigen, die den Namen Gottes fürchten (vgl. Mal 3, 20ab). Doch wir wollen heute nichts mehr von der Furcht vor Gott wissen! Aber vielleicht ist sie bisweilen doch recht hilfreich? Hilfreich in dem Sinne, dass wir uns davor fürchten, von Gott für das zur Rechenschaft gezogen zu werden, was wir ja schon selbst klar erkannt haben. Wir wissen doch, dass wir von Strukturen der Ungerechtigkeit profitieren, die wir zumindest teilweise mitverursacht haben durch unser Konsum- und Freizeitverhalten. Sollten wir uns nicht davor fürchten, dass Gott uns einmal danach fragen wird, warum wir zumindest nicht ganz im Kleinen versucht haben, etwas zu tun? Sollten wir uns nicht davor fürchten, einmal vorgehalten zu bekommen, viele Chancen einfach nicht genutzt zu haben, um die Welt ein klein wenig gerechter zu machen?

Wenn dann im 98. Psalm davon gesprochen wird, dass Gott den Erdkreis richtet und die Nationen so, wie es recht ist (vgl. PS 98,9), dann geht es eben auch um jene ungerechten globalen Strukturen, die verursachen, dass nicht nur einzelne, sondern auch ganze Völker (des Nordens) auf Kosten anderer Völker (des Südens) leben. Es geht auch um die Hoffnung der Armen, dass diejenigen, die immer von Menschen getreten und erniedrigt worden sind, im Gericht Gottes im wahrsten Sinne des Wortes aufgerichtet werden.

Die Worte des Apostels Paulus, „Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen“ (2Thess 3,10), könnten ebenfalls auf den heutigen „Welttag der Armen“ bezogen werden. Wie viele haben unglaubliche Vermögen geerbt, für die sie nicht gearbeitet haben und die ihnen ein Leben ohne Arbeit ermöglichen. Und wie viele Menschen gibt es unter uns, die bestbezahlte Posten bekleiden, aber das, was sie dort abkassieren, nicht wirklich verdienen. In Politik und Wirtschaft, im Öffentlichen Dienst und bisweilen auch in unserer Kirche gibt es viele solcher Posten, die durch Besitzstands-Kartelle verteidigt werden. Es darf nicht verschwiegen werden, dass auch Gewerkschaften, Personalvertretungen oder Gleichstellungsbeauftragte hier oft nur an ihre eigene Klientel und ihre eigenen Vorteile denken.

Im Evangelium spricht Jesus davon, dass wir uns beim Gericht nicht um die Verteidigung sorgen sollen, denn die Worte und die Weisheit dazu werden uns eingegeben (vgl. Lk 21,14 f.). Vielleicht kommen uns aber neben dieser Weisheit, die uns eingegeben werden soll, beim Gericht noch andere zur Hilfe. Es könnten die Ärmsten und Geringsten sein, die bei unserem Gericht als unwiderlegbare Kronzeugen und die besten Anwälte erscheinen, denn Jesus sagt: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder oder für eine meiner geringsten Schwestern getan habt, das habt ihr für mich getan (vgl. Mt 25,40).

 

Dr. Ulrich T. G. Hoppe, OPfr.