2. Sonntag der Osterzeit (C)

Predigtimpuls

Leben in neuem Licht

1. Lesung: Apg 5,12-16
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: Offb 1,9-11a.12-13.17-19
Evangelium: Joh 20,19-31
Zum Kantillieren des Evangeliums: www.stuerber.de

Gescheut und geschätzt
„Immer mehr wurden im Glauben zum Herrn geführt, Scharen von Männern und Frauen“, berichtet die Apostelgeschichte von den Anfängen des Christentums. Ein Bericht unserer Tage würde lauten: „Immer mehr kehren der Kirche den Rücken zu, Scharen von Frauen und Männern, vor allem Jugendliche.“ Die Jüngergemeinde wurde als einmütige Gruppe wahrgenommen, die ihren Glauben ungeniert öffentlich, in der Halle Salomons, feierte. „Die übrigen“, das Volk, wagte nicht, sich ihnen anzuschließen, aber es schätzte sie hoch. Entsprechend müsste es bei uns heißen: Der größte Teil der Volkes ist getauft, aber immer mehr begegnen der Kirche mit Geringschätzung. Da passt die sieghafte Tonlage der Osterliturgie nicht recht ins Bild. Man muss schon die Ohren zuhalten und die Augen schließen, wenn man unbefangen fröhlich das Halleluja jubilieren will. Die Zeiten sind nicht danach. Eine heile Cyberwelt halluzinieren ist nicht das, was christliches Ostern meint.

Kraft der Auferstehung nach und nach
Der Bericht der Apostelgeschichte klingt ermutigend, zuversichtlich. Das ist Absicht, denn die Jüngergemeinde hatte es nicht leicht. Sie kam aus Angst und Verzagtheit, war auseinander geflohen. Das Messiasprojekt hatte sich als totales Desaster erwiesen. Es hatte stockfinster ausgeschaut. Dann zeigte sich, es überfiel sie „die Kraft der Auferstehung“ (vgl. Phil 3,10). Sie waren entzückt und geschockt zugleich wie die drei Jünger auf dem Berg der Verklärung, die mit dem Erlebten nicht zurechtkamen und lange (bis nach der Auferstehungserfahrung) nicht darüber gesprochen haben.
Sie waren mit Gottes alles durchstrahlender Macht in Berührung gekommen. Das war ihnen nicht sofort klar. Maria von Magdala sah nichts Besonderes, den Gärtner. Erst in der Art, wie er sie anredete, bemerkte sie, wer da mit ihr sprach. Die Emmausjünger nahmen einen Fremden mit und gewährten ihm Gastfreundschaft. Beim Brechen des Brotes erst gingen ihnen die Augen auf. Den fischenden Jüngern am See Genezareth dämmerte erst beim Superfang nach erfolgloser Nacht, wer der Fremde war, der sich um sie kümmerte.

Leben in neuem Licht
Sie lernten, ihr Leben in neuem Licht zu sehen. In ihnen wuchs ein neues Verständnis der Schrift: (gewaltlos) revolutionär, kopfständig, skandalös (für Juden), verrückt (für Heiden, vgl. 1Kor 1,23). Sie wurden von diesem inneren Prozess gepackt. Aufbrechende Unruhe (ruach) und Sprengkraft (dynamis) nannten sie es. Diese göttliche Wucht ging offenbar medial durch sie hindurch. Unverkrampfte Menschen spürten diese Heilkraft. Die fromm Verkrampften erlebten das als gefährlich und zerstörerisch für ihr Glaubens– und Sittengebäude. Die Jüngergemeinde war eine geachtete, zugleich aber eine verachtete und verfolgte Minderheit.

Ihr Alleinstellungsmerkmal war die heilende Kraft ihres Lebens, ihrer Taten, ihrer Verkündigung. Dass sie dafür nicht nur Dankbarkeit und Anerkennung erfuhren, sondern auch Verdächtigung und Verfolgung, sind Gene, die sie von Jesus mitbekommen haben. Ein „Design“ hat er ihnen nicht hinterlassen, das müssen sie selbst von Situation zu Situation situationsgerecht durch die Wechsel der Zeiten hindurch erarbeiten.

Da sind wir Heutigen wieder beim Ursprung der Kirche. Es geht nicht um Erhalt des „Weltkulturerbes“ Kirche (Reinhard Marx), sondern um das Unterwegssein Gottes mit den Menschen. Sie muss sich grundlegend erneuern, ein neues Design erarbeiten, wie es weitergehen soll. Sie konferiert und würgt daran und scheint nicht weiterzukommen. Sich einlassen auf die „Kraft der Auferstehung“ ist anstrengend. Die aufrichtigen Christen müssen diese Kraft bezeugen, zur Zeit bekleckert mit der Schande, die fehlgeleitete Christen durch skandalöses Verhalten der Kirche angetan haben.

Dennoch, wer sich durch den marktschreierischen Müll der Schlagzeilen hindurchkämpft, entdeckt eine wunderbare Weite humanen, heilsamen Wirkens in kirchlichen Aktivitäten. Da wird die Kraft der Auferstehung erfahrbar, die zu unbesiegbarem Optimismus und Mut befähigt.

 

P. Dr. Gerd Birk SVD