Hochfest Christi Himmelfahrt (C)

Predigtimpuls

Der Geist wird euch alles lehren.

1. Lesung: Apg 1,1-11
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: Eph 1,17-23
Oder: Hebr 9,24-28; 10,19-23
Evangelium: Lk 24,46-53
Zum Kantillieren des Evangeliums: www.sturber.de

Die Jünger hatten den schrecklichen Tod ihres Meisters erlebt, der alle ihre Hoffnungen auf ein glorreiches Messiasreich zerstört hatte. Und dann kam Ostern: Was sie nie erwartet hatten, geschah. Ihr Meister war auferstanden und ihnen erschienen. Es heißt: “Als sie ihren Herrn sahen, waren sie überglücklich mit Freude”. Nun würde er doch noch die großen Verheißungen des Messias wahrmachen und ein glorreiches Reich Israel schaffen.

40 Tage erklärte er Ihnen von neuem seine Botschaft und was bald geschehen werde. Die große erhoffte und ersehnte Machtdemonstration der Weltumformung geschah nicht. Er erzählt ihnen, dass er nun für immer weggehen werde. Er redete nur noch von einem Tröster, den er ihnen senden und der ihnen alles erklären würde, was sie bis her nicht begriffen hatten: den Heiligen Geist. Der Geist wird seine Stelle für sie annehmen, er wird ihnen beistehen und ihnen Mut und Kraft geben, sein Werk auf Erden weiter zu führen.

Ihre letzte Frage an ihren scheidenden Meister ist: „Wirst Du nun endlich das Reich Israel aufrichten?“ Er verlässt sie mit dem Versprechen durch den Heiligen Geist wiederzukommen und verschwindet in den Wolken vor ihren Augen.
Christi Himmelfahrt ist ein Fest der Enttäuschung, denn es zerstört endgültig das Bild, das die Jünger sich vom Gott und seinem Messias gemacht hatten.

Er hat nicht das herrliche Reich Israels aufgerichtet, nicht die Menschen von allem Unrecht, Krieg und Not befreit. Er hat dem Krieg, dem Hass und dem Terror kein Ende gesetzt. Als er am Palmsonntag in Jerusalem einzog, da hatten sie gehofft, nun wird er das Reich des Friedens aufrichten. Es endet in einer großen Katastrophe: am Kreuz. Damit waren alle Hoffnungen dahin. Die Jünger auf dem Weg nach Emmaus klagen: “Wir hatten gehofft, dass er das Reich Gottes aufrichten werde, aber nichts ist geschehen.”

Und als sie ihn als den Auferstandenen erfahren durften und neue Hoffnung wagen konnten, werden sie wieder enttäuscht. Ihre letzte Frage vor seiner Himmelfahrt ist: „Wirst Du nun endlich das Reich Gottes aufrichten?“ Keine Antwort, statt dessen breitet er seine Arme aus, segnet sie und entschwindet in den Wolken. Enttäuscht schauen sie ihm nach. Und jetzt?

Jesus mutet ihnen auch noch die letzte Enttäuschung zu. “Ich werde euch verlassen. Ich muss euch in dieser Gestalt entzogen werden, ihr begreift das zwar jetzt nicht, aber später werdet ihr es verstehen. Nur so könnt ihr von meinem Geist ergriffen werden.“

Nach der Himmelfahrt Jesu kommen zwei Boten und sagen zu den Jüngern: “Was schaut ihr da so gegen den Himmel. Den Jesus, den ihr da zum Himmel habt auffahren sehen, der kommt weder heute noch morgen wieder. Vergesst alle Spekulationen! Nun ist die Zeit gekommen, dass ihr euch an die Arbeit macht und seine Sendung und Botschaft weiterführt.“

Aber sie erinnern sich an Jesu Versprechen: “Ich lasse euch nicht als Waisen zurück, ich komme wieder, und zwar in der Kraft des Heiligen Geistes. Er wird euch alles erklären, er wird euch überzeugen, dass es so richtig war, dass ich gehen musste, sonst konnte ich nicht wiederkommen. Denn von da an wird er bei euch in seinem Geist sein.“

Jesus sagt ihnen: “Meine irdische Gegenwart ist vorbei. Mein “bei-euch-sein” ist eine andere Art, nicht sichtbar, aber dennoch wirklich. Der Geist gibt euch die Kraft, die Begeisterung, die Sicherheit und die Freude, mich zu verkünden, meine Botschaft weiterzutragen. Er wird immer bei euch bleiben, auf ihn könnt ihr euch verlassen, in ihm könnt ihr eure Aufgabe erfüllen, denn ohne ihn geht nichts.

Der Geist ist es, der in uns die Sehnsucht wach hält, dass das Leben einen Sinn hat, dass wir für etwas Besseres geboren sind. Er gibt uns die Sicherheit und damit eine Gelassenheit: Ich bin etwas, ich bin geliebt und wenn ich sterbe, werde ich erwartet. Es ist der Geist, der diese Hoffnung und diese Sehnsucht wach hält. Menschen, die sich von einer solchen Hoffnung ergreifen lassen, gibt es auch heute noch.

Mich faszinierte immer mehr der Satz im Evangelium, wo es von Jesus hieß: “Er sprach mit Vollmacht, und nicht wie die anderen Gelehrten und Priester, und die Zuhörer lauschten tief beeindruckt und waren ergriffen von seinen Worten”. So wie er wollte auch ich predigen und zu Menschen reden “mit Vollmacht”, die ihr Herz berührte und sie tief ergriff.

Was das eigentlich heißt: mit Vollmacht reden, die Menschen zum Brennen zu bringen, habe ich einmal bei einer Begegnung mit Mutter Teresa erfahren. Ich gab Exerzitien für über 100 Priester in Houston Texas (1983). Überraschend tauchte Mutter Teresa auf. Der Bischof brachte sie persönlich zum Exerzitienhaus, er hatte sie gebeten, seinen Priestern ein paar aufmunternde Worte zu sagen. Sie stellte sich auf die Bühne vor das Mikrofon und sagte nur einen Satz: “Meine lieben Priester, Brüder, der liebe Gott liebt einen jeden von euch mit unendlicher Liebe und er umarmt euch mit dem ganzen Wesen seiner Barmherzigkeit.” Wie elektrisiert sprangen die 100 Priester auf und klatschten mit endlosem Beifall. Vielen liefen die Tränen die Wangen herunter. Sie hatte nur einen Satz mit “Vollmacht” gesprochen und damit ihre Herzen zum Brennen gebracht.

Ich stand da wie gelähmt. Ich hatte mich die ganze Woche hindurch in 12 Vorträgen abgemüht, diesen 100 Priestern genau diese Botschaft von der unendlichen Liebe Gottes zu jedem von ihnen biblisch und theologisch zu vermitteln. Aber der Unterschied zwischen Mutter Teresa und mir war, bei mir war kein einziger aufgestanden und hatte Beifall geklatscht, noch hatte ich eine einzige Träne fließen sehen selbst nach 12 Vorträgen.

Etwas enttäuscht fragte ich mich: Habe ich – selbst bei meinen besten Vorträgen – je einmal einen Menschen wirklich dazu bewegen können, sein Leben von Grund auf zu ändern? Habe ich jemals wie Jesus und Mutter Teresa so mit “Vollmacht” gesprochen, dass sie Menschen wie in einen Bann versetzten. Während die 100 Priester Beifall klatschten, versank ich in Neidgefühle dieser Frau gegenüber.

Von ihr habe ich etwas ganz neu lernen müssen, was ich theoretisch schon immer wusste: Unser Predigen und unser Lehren kann mächtig und wirkungsvoll sein, aber nicht aufgrund intellektueller Genialität, umfassender Gelehrtheit oder wissenschaftlicher Korrektheit. Wir können all diese Qualitäten haben und dennoch nicht aus Vollmacht sprechen, wir können intellektuell mitreißend sein und dennoch nichts verändern.

Wie beängstigend oder sogar lächerlich es auch klingen mag, wir sind alles, was der Herr hat. Wir haben den Auftrag erhalten, Gottes bedingungslose Liebe, sein grenzenloses Mitleid und seine ständige Bereitschaft, zu vergeben, allen unseren Schwestern und Brüdern in einer Welt zu verkünden, die uns rettungslos und ohne Hoffnung erscheint. Vergessen Sie aber nicht Jesu letztes Wort an seine Jünger:

„Fürchtet euch nicht, denn ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt.“

 

P. Dr. Johannes Füllenbach SVD