Fest der Taufe des Herrn

Predigtimpuls

Gläubige Haltung darf bei keiner Taufe fehlen

1. Lesung: Jes 42,5a.1-4.6-7
Oder: Jes 40,1-5.9-11
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: Apg 10,34-38
Oder: Tit 2,11-14; 3,4-7
Evangelium: Lk 3,15-16.21-22
Zum Kantillieren des Evangeliums: www.stuerber.de

Lukas verknüpft sein Evangelium mit der Geschichte Israels und seinem Glauben. Die Erzählung von der Taufe Jesu erklärt Jesus als Teil des Volkes.

Beginn der neuen Heilsgeschichte
Mit dem Auftreten von Johannes und Jesus beginnt Neues für Israel und die ganze Welt. Das Neue ist die endgültige Heilsgeschichte. Im Evangelium treten Johannes und Jesus zwar gleichzeitig auf, aber nicht gemeinsam. Sobald die öffentliche Geschichte des Johannes endet, weil ihn Herodes ins Gefängnis wirft (3,19), tritt das erste Mal Jesus auf und lässt sich taufen (3,21).

Geopolitisch ereignet sich die Heilsgeschichte in der Welt der Heiden und Israels. Lukas nennt den römischen Kaiser Tiberius und seinen Statthalter Pontius Pilatus, dann nennt er die Tetrarchen sowie die Hohepriester Hannas und Kajaphas (3,1-2). Dieser Blick auf die geschichtliche Gegenwart soll deutlich machen, dass sich die Heilsgeschichte nicht außerhalb der Zeit ereignet. Im zweiten Werk, der Apostelgeschichte, erfasst die Heilsgeschichte die ganze Welt.

Die Wüste – ein heilsgeschichtlicher Ort
Der Ort, an dem Johannes wirkt und Jesus sich taufen lässt, ist für Lukas der heilsgeschichtliche Knotenpunkt: Hier treffen sich Israel, die Jesus-Bewegung und die weltweite Mission.

Johannes wirkt am Jordan, aber in der Wüste. Dies betont das Zitat aus dem Buch Jesaja: „Stimme eines Rufers in der Wüste“ (3,4; Jes 40,3).
Die Wüste ist wesentlicher Bestandteil der Geschichte Israel. Das Volk ist 40 Jahre durch die Wüste geirrt, bevor es am Jordan das verheißene Land betreten durfte. Mit dem Auftreten des Johannes wiederholt sich die Geschichte: Ganz Israel geht zu Johannes in die Wüste hinaus, es beginnt von neuem den Einzug ins gelobte Land. Mit dem Volk geht auch Jesus in die Wüste. Das MtEv geht weiter zurück als Lukas: der neugeborene Messias zieht, wie einst Israel, aus Ägypten in sein Land. Die Apg weitet den Weg in die ganze Welt aus.

Messianische Hoffnung
Lukas nennt das Motiv, weshalb ganz Israel zu Johannes in die Wüste zieht: Das Volk war voll Erwartung (V. 15). Er sieht die Erfüllung dieser Erwartung bereits in den Kindheitsgeschichten des Johannes und Jesus. Es beginnt mit Zacharias, dem ein Engel die Geburt eines ersehnten Sohnes ankündigt. Diese Szene ereignet sich im Innern des Tempels, dem heiligsten Ort, in dem Gott wohnt, den Zacharias gar nicht betreten durfte, sondern nur der Hohepriester und auch nur einmal im Jahr. Im Herzen Israels hört Zacharias die Botschaft vom Himmel: Sein Sohn wird „das Volk für den Herrn (= Messias) bereit machen“ (1, 17). Noch ist diese frohe Botschaft verhüllt, Zacharias kann sie dem im Vorhof wartenden Volk nicht mitteilen. Erst nach der Geburt des Johannes darf er es jubelnd hinausschreien: „Du, Kind, wirst Prophet des Höchsten heißen, denn du wirst dem Herrn vorangehen und ihm den Weg bereiten“ (2,17).

Parallel erzählt Lukas vom neugeborenen Messias-Kind. Es wird ebenfalls in den Tempel gebracht. Stellvertretend für Israel erfahren ein Mann und eine Frau, dass das Messias-Kind in das Haus seines Vaters kommt. Simeon ist vom Heiligen Geist offenbart worden, er werde den Tod nicht schauen, ehe er den Christus, den Herrn gesehen hat (2,25). Er hält das Kind in seinen Armen und jubelt. Die andere Person ist eine Frau, eine Prophetin, Hanna. Sie verbringt ihre ganze Zeit im Tempel und im Gebet: Nun trat sie hinzu, pries Gott und sprach über das Kind zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten (2,38).
Die Frommen des Volkes, betende Menschen, befähigt der Heilige Geist, im Kind den Messias zu erkennen und zu verkünden. Es ist ein Vorausblick, worauf es ankommt, wenn Jesus bei seinem Volk wirkt.

Erfüllung der Erwartung
Was im Tempel der Heilige Geist nur auserwählten Personen offenbarte, soll nun, wenn Johannes und Jesus auftreten, dem ganzen Volk Israel zuteil werden. Die Sehnsucht, die das Volk erfasst hat, steigert sich und es stellt sich die Frage, ob vielleicht Johannes der Christus (= Messias) sei. Johannes geht darauf ein, er ist nicht der Erwartete, aber er hat eine frohe Botschaft: Der Erwartete ist schon im Kommen. Er selbst tauft zur Vorbereitung des Kommenden nur mit Wasser, doch der nach ihm Kommende wird mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen (V. 16).

Jesus lässt sich taufen
Noch ist der Verheißene unerkannt mitten im Volk. Sobald Johannes von der Bühne abtritt, tritt Jesus auf und lässt sich mit dem ganzen Volk taufen (V. 21), will sagen: als Teil des Volkes. Johannes liegt zu diesem Zeitpunkt schon im Kerker, er ist nicht notwendig, um Jesus zu taufen, denn Jesus wird mit dem Volk getauft. Was sich in seiner Taufe ereignet, geschieht am ganzen Volk, so wenn sich der Himmel öffnet und der Geist sichtbar auf Jesus herabkommt. Bei Mk und Mt ist die Taufe Jesu kein öffentliches Ereignis, denn nur Jesus sieht und hört. Bei Lukas sieht das Volk die Herabkunft des Geistes aus dem offenen Himmel und hört die Stimme aus dem Himmel. Ps 2,7 sieht den König (mein Sohn bist du) stellvertretend für das Volk. Anders stellt der Gottesknecht in Jes 42 das Volk Israel dar. Die Taufe Jesu erneuert Israel als „geliebten Sohn“, als Volk Gottes.

Im Volk ist Jesus, als der Messias, in bevorzugter Weise der „geliebte Sohn“, der Himmel weist ihn vor dem Volk aus. Fortan, wenn Jesus öffentlich wirkt, betont Lukas, dass Jesus nicht als charismatischer Privatmann auftritt, sondern als der „geliebte Sohn“ und „vom Geist erfüllt“ (folgende Kap. 4 und 5).
Folgerichtig bringt Lukas unmittelbar an die Taufe den Stammbaum Jesu (VV. 23-38): Er ist identisch mit dem Stammbaum Israels – aller Söhne Gottes bis Adam, ja bis Gott.

Der offene Himmel
Der Himmel, der sich bei der Taufe Jesu öffnet, hat im Lk-Ev eine besondere Bedeutung. Wieder erzählt das Evangelium, wie sich schon zuvor, in der Hirtengeschichte, der Himmel öffnet. Er öffnet sich wieder bei der Taufe, wenn alle Menschen das Heil Gottes schauen werden (3,6). Im zweiten Werk des Lukas, in der Apg, beim Pfingstereignis, steht der Himmel für die ganze Welt offen.

Die Taufe
Die Erzählung von der Taufe Jesu ist Vorbild für die christliche Taufe. Jede Taufe ist ein öffentliches Ereignis, eine Privattaufe gibt es nicht.

Lukas (nur er) berichtet, dass sich Jesus bei der Taufe im Gebet befand. Von einem Säugling können weder Umkehr noch Gebet erwartet werden, wohl aber von den Eltern und der Gemeinde. Die gläubige Haltung darf bei keiner Taufe fehlen, damit es nicht bloß bei der Taufe mit Wasser bleibt. Das Gebet und eine gläubige Gemeinde sind wesentlich, dass der Täufling einmal seine Aufgabe als Christ in der Welt erfüllen kann.

Jesus erhielt bei der Taufe die Identität als Messias, wir erhalten unsere Identität als Christinnen und Christen. Die Getauften bewähren sich, wenn sie drei Fragen ehrlich leben: Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Was sind wir?

 

P. Dr. Jakob Mitterhöfer SVD