Weltgebetstag für die Kirche in China

Predigtimpuls

Maria, Hilfe der Christen: Unsere Liebe Frau von Sheshan und Königin Chinas

Lesung:1 Kor 15,20-27a
Evangelium: Lk 1,39-56

Liebe Schwestern und Brüder in unserem Herrn Jesus Christus!
Gerade haben wir im Tagesgebet gehört, dass wir auf die Fürsprache Mariens im Heiligtum von Sheshan als „Hilfe der Christen“ für die Kirche in China beten. Was hat der Titel: „Maria, Hilfe der Christen – Unsere Liebe Frau von Sheshan und Königin Chinas“ zu bedeuten? Es geht zuerst um die Basilika auf dem Hügel namens Sheshan in Shanghai (etwa 35 km entfernt vom Stadtzentrum). In diesem Marienheiligtum wird die selige Jungfrau Maria unter dem Titel „Maria, Hilfe der Christen“ als Patronin der Basilika verehrt. Die ersten westlichen Missionare siedelten sich im Jahre 1844 auf dem Sheshan nahe Shanghai an. 1864 errichtete ein chinesischer Laienbruder auf diesem Hügel einen sechseckigen Pavillon, in dem er ein eigenhändig gemaltes Muttergottesbild aufstellte, das er unter dem Titel „Hilfe der Christen“ verehrte.

Liebe Schwestern und Brüder, wie kam es zur Entstehung des heutigen Marienheiligtums auf dem Sheshan? Im Jahre 1871 begannen die Jesuiten mit dem Bau einer ersten Kirche auf dem Berggipfel und weihten sie Maria, der Helferin der Christen. Seither hat sich die Verehrung der Gottesmutter von Sheshan im ganzen Gebiet verbreitet. Seitdem wird alljährlich am 24. Mai feierlich ihr Fest „Maria, Hilfe der Christen – Unsere Liebe Frau von Sheshan und Königin Chinas“ begangen. Auf halber Höhe des Berges liegt eine weitere Kirche, die 1894 erbaut wurde. Im Jahr 1924 weihten die Bischöfe Chinas das Land der Muttergottes und pilgerten anschließend zum Sheshan. 1925 wurde mit dem Neubau der Marienbasilika auf dem Berggipfel begonnen, die zehn Jahre später eingeweiht werden konnte. Die Basilika hat einen 38 Meter hohen Turm, dessen Spitze eine Bronzestatue der Muttergottes trägt, die ihren Sohn Jesus in die Höhe hebt. Da der kleine Jesus die Arme segnend ausbreitet, gleicht die Statue aus der Ferne einem großen Kreuz. Diese Statue der Muttergottes mit ihrem kleinen Sohn Jesus, der in die Höhne erhoben wird, wurde zum Wahrzeichen dieses Shanghaier Marienheiligtums auf dem Sheshan. (Eine kleine Kopie dieser Statue der Muttergottes von Sheshan ist auch auf dem Klostergelände des Steyler Missionspriesterseminars in Sankt Augustin zu bewundern.)

Liebe Schwestern und Brüder, während der Kulturrevolution in den Jahren 1966-1976 wurde die Kirche stark beschädigt. Die ursprüngliche Bronzestatue der Gottesmutter verschwand von der Kirchturmspitze, ebenso andere religiöse Symbole und Gegenstände, einschließlich des Altars. 1981 wurde die Kirche der Diözese Shanghai zurückgegeben und restauriert. Eine Nachbildung der Bronzestatue wurde im Jahr 2000 erneut auf der Kirchturmspitze angebracht. Sie soll das Geschenk von etwa 10.000 Gläubigen gewesen sein. Heute strömen Jahr für Jahr Zehntausende von Pilgern im Monat Mai mit ihren persönlichen Anliegen zur Muttergottes von Sheshan. Es sind ältere, aber auch junge Menschen, die gemeinsam den steilen Hügel bis zum Gipfel ersteigen. Unterwegs machen sie Station bei einer Statue des leidenden Christus im Garten Gethsemane sowie bei 14 Kreuzwegstationen. Unter den Gläubigen sind auch zahlreiche Fischer aus der Umgebung.

Liebe Schwestern und Brüder, unser christlicher Glaube versucht bereits seit dem 7. Jahrhundert bis heute, in der chinesischen Kultur, im Reich der Mitte, feste Wurzeln zu schlagen. Diese Versuche bilden eine sehr wechselvolle Geschichte. Kehren wir aber noch kurz zur heutigen Lage der Christen in China zurück, wo ihre Anzahl seit der Machtübernahme durch die chinesischen Kommunisten im Jahre 1949 beträchtlich angestiegen ist. Man schätzt 6 Millionen katholische und 20 Millionen protestantische Christen. Die optimistischen Zahlen besagen sogar 20 Millionen Katholiken und 60 Millionen Protestanten. Diese Statistiken können aber die schwierigen und undurchsichtigen Situation aller Christen, darunter auch Katholiken, in der heutigen Volksrepublik China nicht Lügen strafen. Ihre höchst schwierige Lage muss uns als Menschen, aber vor allem als Mitgläubige mitten ins Herz treffen, damit unser Gebet für unsere chinesischen Brüder und Schwestern, die noch bis heute individuell oder ortsweise um des Glaubens willen verfolgt werden können, glaubwürdig und aufrichtig sein kann. In diesem Sinne hat auch Papst Franziskus seine Bemühungen intensiviert, mit der kommunistischen Regierung in Beijing den Dialog fortzusetzen und bilaterale Beziehungen zu verbessern, indem er durch ein vorläufiges Abkommen zur Ernennung von Bischöfen am 22. September 2018 unterschreiben ließ, um eine weitere Entwicklung der Kirche in China zu ermöglichen. Am Ende seiner Botschaft an die chinesischen Katholiken und an die universale Kirche vom 26. September 2018, in der Papst Franziskus Missverständnisse, die als Folge der Unterschrift unter dieses Abkommen durch den Vatikan entstanden, ausräumen wollte, wandte er sich mit Gebet an Maria – Hilfe der Christen mit den folgenden Worten:
Mutter des Himmels, höre die Stimme deiner Kinder, die demütig deinen Namen anrufen.
Jungfrau der Hoffnung, dir vertrauen wir den Weg der Glaubenden im ehrwürdigen Land China an. Wir bitten dich, dem Herrn der Geschichte das Leid und die Mühen, das Flehen und die Erwartungen der Gläubigen, die zur dir rufen, vorzustellen, o Königin des Himmels!
Mutter der Kirche, dir weihen wir die Gegenwart und die Zukunft der Familien und unserer Gemeinschaften. Bewahre sie und unterstütze sie bei der Versöhnung unter den Brüdern und im Dienst an den Armen, die deinen Namen preisen, o Königin des Himmels!
Trösterin der Betrübten, an dich wenden wir uns, weil du die Zuflucht derer bist, die in der Prüfung weinen. Wache über deine Kinder, die deinen Namen loben, mache, dass sie vereint das Evangelium verkünden. Begleite ihre Schritte für eine brüderlichere Welt, gib, dass sie allen die Freude der Vergebung bringen, o Königin des Himmels!
Maria, Hilfe der Christen, für China erbitten wir von dir Tage des Segens und des Friedens. Amen!

 

P. Dr. Zbigniew Wesolowski SVD