3. Adventssonntag (A)

Predigtimpuls

Herzensbildung

1. Lesung: Jes 5,1-6b.10
2. Lesung: Jak 5,7-10
Evangelium: Mt 11,2-11
Zum Kantillieren des Evangeliums: www.stuerber.de

Die Luft der Herzballons
Wenn ich bei Hochzeiten so große, gefüllte Herzballons sehe, dann wünsche ich dem Brautpaar, dass ihre Herzen ihr ganz Leben lang so prall gefüllt für den Partner schlagen mögen. Bei den Luftballons wissen wir aus Erfahrung: Irgendwann ist die Luft raus und der Herzballon ist schlaff und bedeutungslos. Bei der Ehe wissen wir aus Erfahrung: Irgendwann geht auch da die „Luft“ raus, doch zum Glück gelingt es etlichen Partnern – um im Bild zu bleiben –, wieder neue Luft hinzuzufügen, d. h. neues Leben in ihre Beziehung zu bringen. Das hat etwas mit Herzensbildung zu tun. Wem es glückt, sein Herz für seinen Partner immer wieder neu zu formen und zu füllen, dem steht wahres Eheglück ins Haus.

Herzensstärke – Herzensbildung
Die heutige zweite Lesung aus dem Jakobusbrief spricht auch vom Herz und seiner Formung. Als Randbemerkung sei erwähnt: Der Verfasser des Briefes mag der Apostel Jakobus oder einer seiner Schüler oder Verehrer gewesen sein. Seine Intention für den Brief ist die Seelsorge, wobei die Ethik einen besonderen Schwerpunkt darstellt, das rechte Verhalten von Christen – vor allem im Blick auf Gott und der Wiederkunft des Herrn.
„Macht euer Herz stark“ – so schreibt Jakobus. Freier übersetzt könnten wir sagen: „Bildet eure Herzen“. Für Jakobus steht das Herz als Mittelpunkt und Quelle des geistigen Lebens mit seinem Denken, Wollen und Fühlen auch für die Gefährdung und Heilsbedürftigkeit des Menschen. Gerade im Blick auf die Zukunft, des Kommens des Herrn, ist die Wappnung gegenüber innerer Schwäche, Resignation und Verführbarkeit vonnöten; es geht darum, das Herz zu stärken, beständig zu machen. Dazu sind wir Menschen nach Meinung von Jakobus selbst im Stande. Deshalb animiert er die angeschriebene Hörerschaft zur eigenen Herzensbildung. Und auf welches Ziel hin soll das Herz gebildet werden? Nun, ein paar Mal wird das Ziel in der Lesung genannt: es ist die Tugend der Geduld.

Geduld hat für viele den Geruch von etwas Langweiligem, Unnötigem, Vertröstendem an sich. Keiner wartet gern im Stau auf der Autobahn oder auf dem Bahnhof nach einer Zugverspätung auf einen nächsten Anschluss. Doch was kann Geduld heißen, wenn wir ihr auch das Attribut Tugend zuweisen? Es sind: Warten können, Ausdauer haben, Beharrlichkeit beweisen, Gelassenheit zeigen, Vertrauen setzen, Nachsicht walten lassen, Freundlichkeit ausdrücken, Liebe erweisen, bis hin zu: leiden können. Das ist eine sehr große Bandbreite. Und zu der ermutigt auch Jakobus. Er führt drei Berufe an, die er in Beziehung zur Geduld setzt:

Zunächst zeigt er den Landwirt als Vorbild – wie es übrigens auch Jesus gemacht hat (vgl. …). Der Bauer rechnet nach der Saat vertrauensvoll mit dem notwendigen Regen, den er selbst nicht machen kann; er lässt es wachsen und reifen, weil er selbst das Wachstum der Sprösslinge nicht weiter beeinflussen kann. Der Bauer weiß, es kommt die Zeit des Regens, und nach ein paar Monaten kommt die Zeit des Erntens.

Jakobus versucht mit dem Beispiel aus der Landwirtschaft eine positive Motivierung der Leser und Hörer seines Briefes, im Sinne von: „fasst Mut, die Zeit ist nicht mehr lang“. Wir wissen nichts Konkretes über die Adressaten seines Briefes; doch gerade unterdrückte Mitmenschen mögen dies als ein Aufrichten verstanden haben.

Es erfolgt ein neuer Ansatz. Wieder werden die Leser/Hörer direkt angesprochen. Diesmal werden sie verwiesen auf die bevorstehende Ankunft einer hoheitlichen Gestalt, eines Richters. Die Tonart wechselt von Dur nach Moll: Die Ausdrücke „seufzen“ bzw. „klagen“ und „richten“ bringen auch eine düstere Lage zum Ausdruck; es scheint innerhalb der christlichen Gemeinde nicht alles zum Besten zu stehen. Mag sein, dass es um das Verhältnis von Armen und Reichen in der Gemeinde geht, oder um üble Nachrede und Verleumdung, oder auch um Begehrlichkeiten wie Macht, Anerkennung und Bevorzugung. Insofern erhält die zunächst angesprochene positive Motiv-Linie „Geduld“ eine andere Färbung in Richtung negativ warnend: „Passt auf!“ oder „Reißt euch zusammen!“. Denn alles andere vergiftet die Gemeindeatmosphäre und untergräbt den Teamgeist. Mag sein, dass der Aspekt des Gerichts als Drohung gesehen wird, er kann aber auch als Ort und Zeit der Klärung, der Wiederherstellung des Rechts verstanden werden. Wichtig für den Briefschreiber scheint das vernünftige Miteinander.

Und so hebt sich auch die Stimmung im letzten Vers wieder. Propheten werden als Musterbeispiel zur Nachahmung empfohlen. Konkrete Namen werden nicht genannt, aber die beigefügten Begriffe ‚Leiden‘ und ‚Geduld‘ lassen an Hiob, Elia, aber auch an Johannes denken. Sie haben trotz erfahrener Schwierigkeiten nicht abgelassen, im Namen des Herrn zu sprechen, und haben damit das Volk Gottes immer wieder auf das Wesentliche zurückgeführt. So gilt es auch für die Leser und Hörer des Briefes, mit Ausdauer und vollem Einsatz Gottes Botschaft zu kündigen und zu leben und nicht etwa die Energie dazu vergeuden, innergemeindlich sich gegenseitig das Leben schwer zu machen.

Adventliche Herzensbildung
Advent – wäre das nicht auch für uns eine gute Zeit der Herzensbildung? Mit Blick auf das Kommen des Herrn, der ein Herz für uns hat, sind wir eingeladen, unsere Herzen zu bereiten und mit Geduld zu wappnen. Geduld nicht deshalb, weil so vieles Äußerliche danebengeht, sondern weil so vieles unser Inneres berührt. Da ist es gut, warten und aushalten zu können, da ist es gut, gelassen und nachsichtig zu sein, da ist es gut, sich freundlich und gütig zu zeigen.
Auf die Mithilfe von oben hoffend können wir sprechen:

„Herr Jesus, bilde unser Herz nach deinem Herzen.“ Oder wie es in einem Gebet des Ordensgründers der Steyler Missionare Arnold Janssen heißt: „Und das Herz Jesu lebe in den Herzen aller Menschen.“

Das würde uns das Menschsein Jesu nahebringen und zugleich eine Tür eröffnen, herzlicher zu werden: von Herzen Christ zu sein und den gelebten Glauben zur Herzenssache werden zu lassen (vgl. Felix Genn: Es würde der Welt etwas fehlen, S. 49f.)

 

P. Konrad Liebscher SVD