Erzengel Michael, Gabriel und Rafael (F)

Besinnung

Textbetrachtung: Offb 12,7-12a

Lesung: Dan 7, 9-10.13-14

oder Offb 12, 7-12a
Evangelium: Joh 1, 47-51

Der Text
7 Da entbrannte im Himmel ein Kampf; Michael und seine Engel erhoben sich, um mit dem Drachen zu kämpfen. Der Drache und seine Engel kämpften, 8 aber sie hielten nicht stand und sie verloren ihren Platz im Himmel. 9 Er wurde gestürzt, der große Drache, die alte Schlange, die Teufel oder Satan heißt und die ganze Welt verführt; der Drache wurde auf die Erde gestürzt und mit ihm wurden seine Engel hinabgeworfen. 10 Da hörte ich eine laute Stimme im Himmel rufen:
Jetzt ist er da, der rettende Sieg, /die Macht und die Königsherrschaft unseres Gottes / und die Vollmacht seines Gesalbten;
denn gestürzt wurde der Ankläger unserer Brüder, / der sie bei Tag und bei Nacht / vor unserem Gott verklagte.
11 Sie haben ihn besiegt durch das Blut des Lammes / und durch ihr Wort und ihr Zeugnis.
Sie hielten ihr Leben nicht fest, / bis hinein in den Tod.
12 Darum jubelt, ihr Himmel/und alle, die darin wohnen.



Textbetrachtung: Offb 12,7-12a
Am Gedenktag der Erzengel Michael, Gabriel und Rafael steht mit Offb 12,7-12a die Vision eines endzeitlichen Kampfes im Mittelpunkt, die Michael (hebr.: „Wer ist wie Gott?“) als Sieger über den Drachen, den Inbegriff des Bösen, zeigt. Michael, bei der einzigen weiteren Erwähnung innerhalb des Neuen Testaments in Jud 9 als „Erzengel“ bezeichnet, erscheint als Anführer des himmlischen Engelheeres. Eingebunden ist diese Passage in die zentralen Kap. 12-14 der Johannesoffenbarung, die sehr grundsätzlich von der eschatologischen Konfrontation zweier antagonistischer Mächte sprechen. Umrahmt wird Offb 12,7-12a von der Vision der Himmelsfrau mit Kind, einer Symbolfigur für das bedrängte Gottesvolk mit reicher mariologischer Wirkungsgeschichte.

12,7-8 Bei der im Himmel situierten Szene des endzeitlichen Kampfes zwischen Michael und dem Drachen werden beide Anführer von ihren Engeln adjutiert. Michael ist der einzige in der Johannesoffenbarung namentlich genannte Engel. Auch schon im Frühjudentum war er als Schutzpatron des Gottesvolkes gegen die heidnischen (Dan 10,13.21) und satanischen Mächte bekannt (z.B. Jub 10 oder TestDan 6,1). Auch in Offb 12 können der Drache und seine Engel ihm nichts entgegensetzen – als Unterlegene müssen sie aus dem Himmel weichen.

12,9 Nach der Erwähnung seines Sturzes erhält der Drache diverse Identifizierungen, bei denen der Autor der Johannesoffenbarung aus dem alttestamentlichen Repertoire zur Kennzeichnung des Widersachers schöpft: In Anspielung auf Gen 3,1-15 und die Verführung schon im Paradies wird der „Verführer der ganzen Welt“ als die „alte Schlange“ bezeichnet, ferner als Teufel (griech.: „diabolos“) und „Satan“. Den Gedanken eines solchen „Satanssturzes“ kennt auch die synoptische Jesusüberlieferung. Mit der Aussage „Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen.“ (Lk 10,18) erklärt Jesus gegenüber seinen Gegnern den Anspruch, dass mit ihm und in seinem Wirken die Gottesherrschaft schon angebrochen ist. Der Seher Johannes scheint diesen Gedanken in der Sache aufzugreifen als Hoffnungsimpuls für die bedrängten kleinasiatischen Christen.

12,10f Die Proklamation des rettenden Sieges schließt sich an. Sowohl das Gottes- als auch das Christusbild sind ganz vom Gedanken der Macht und Herrschaft dominiert. Verständlich wird dies aus der stetigen Bedrohungssituation der Christusgläubigen (der „Anklage“ „bei Tag und bei Nacht“), in der die Hoffnung auf einen starken, wirkmächtigen, siegreichen Gott der einzige Trost ist. Auch die Christen werden als siegreich beschrieben – zum einen durch den Sühnetod Christi („das Blut des Lammes“), zum anderen aber auch durch die Standhaftigkeit und Glaubensbewährung der siegreichen Zeugen bis in den Tod hinein.

12,12a Der Jubel des gesamten Himmels und all seiner Bewohner bildet den Abschluss der heutigen Lesung. Doch schon im unerwähnt bleibenden Fortgang des Verses deutet der Klageruf „Wehe“ an, dass der Kampf auf der Erde noch nicht endgültig vorüber ist. Der Sturz des Drachens führt zunächst einmal zur bedrohlichen Verfolgung der Frau und ihrer Nachkommen. Auf Erden geht der Kampf weiter – die Vision vom Sturz des Drachens aber verleiht Gewissheit, dass der endzeitliche Sieg sicher ist.

 

Dr. Rita Müller-Fieberg