34. Sonntag im Jahreskreis - Christkönigssonntag (A)

Predigtimpuls

Jeder richtet sich selbst

1. Lesung: Ez 34,11-17
2. Lesung: 1Kor 15,20-26.28
Evangelium: Mt 25,31–46
Zum Kantilieren des Evangeliums: www.stuerber.de


Welches Vorbild
Im Gymnasium des Missionshauses meines Ordens war ehrfürchtig über unsere Kaiser die Rede, Kaiser Franz Josef und Kaiser Wilhelm. Mit Interesse verfolgte ich die Krönung der englischen Königin Elisabeth. Zu meinem Erstaunen erfuhr ich, dass es in europäischen Demokratien gleichzeitig gekrönte Häupter gab. Eigenartig empfand ich es, dass die Kirche Christus als König den gekrönten Häuptern hinzufügte. Dazu erst nach dem Ersten Weltkrieg, als gerade unsere Kaiser abgesetzt wurden. In den Predigten wurde natürlich das Königtum Christi erklärt, aber in meinem Kopf blieb die Angleichung an abgesetzte und machtlose Monarchen. Sie konnten unmöglich das Vorbild für Christkönig sein.

Was das Evangelium sagt
Das Evangelium heute nennt Jesus Menschensohn, der sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzt. Es ist seine Inthronisation, nicht als König, der das Ende der Welt ankündigt. Er tritt als Richter auf, um über das Reich Gottes Bilanz zu ziehen und von allen Völkern Rechenschaft zu fordern. Jesus, der während seines irdischen Lebens unscheinbar war, ja sogar gekreuzigt wurde, kommt jetzt in Herrlichkeit und alle Engel, der ganze Himmel, mit ihm. Die Szene ist eindrucksvoll, sie gibt zu verstehen, was das Reich Gottes, dessen Anfänge so bescheiden waren, in Wirklichkeit ist. Um die Vollendung des Reiches Gottes geht es und nicht um das Weltende.

Anfang und Ende
Der Autor des Evangeliums entwirft gekonnt einen großartigen Plan. In seinem Evangelium sind fünf Reden zental: Die erste Rede kündet das Reich Gottes an, die letzte handelt von seiner Vollendung. Die erste und die letzte Rede entsprechen sich.

Die erste Rede:
Wir kennen sie als Bergpredigt. Sie beginnt mit den acht Seligkeiten, den Armen im Geiste, den Sanftmütigen, den Bedrängten, die Hunger und Durst haben nach Gerechtigkeit, den Barmherzigen, die reinen Herzens sind, die sich um Frieden bemühen, den Verfolgten wegen der Gerechtigkeit. Sie sind selig, glücklich, denn ihnen gehört das Reich Gottes.

Die letzte und fünfte Rede:
Das Reich Gottes ist vollendet. Jesus sitzt nicht auf dem Berg, sondern auf dem Thron seiner Herrlichkeit. Es ist der auferweckte und verklärte Herr. Jetzt versammelt er alle Völker und hält Endgericht. Er fragt sie nach den Hungernden, den Durstenden, den Fremden, den Nackten, den Kranken, den Gefangenen, die er in der Bergpredigt genannt hat. Er identifiziert sich mit den Kleinen, den Ausgeschlossenen, sie sind das Zentrum des neuen Gesetzes. Jesus: „Das bin ich!“

Die Bilanz
Alle Nationen der Welt stehen vor ihm. Wie ein Hirt die Schafe von den Böcken trennt, trennt er die Menschen. Er trennt, denn jede Person muss ihm Antwort geben, wie sie sich gegenüber den Kleinen und Ausgeschlossenen verhalten hat.
Alle, ohne Unterschied, ob sie rechts oder links stehen, hören und staunen: ICH war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ICH war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen; ICH war nackt, und ihr habt mir Kleidung gegeben; ICH war krank, und ich habt mich besucht; ICH war im Gefängnis, und ihr sei zu mir gekommen.

Alle, die so gehandelt haben, nennt der richtende Menschensohn Gerechte. Sie haben befolgt, was das ganze Matthäusevangelium als Gerechtigkeit verkündet. Der Richter nennt sie Gesegnete des Vaters! Das Evangelium schließt alle Menschen ein, die während ihres Lebens in ihrer Gesellschaft so handeln, gleichgültig ob sie Christen sind oder nicht.

Alle Anderen, die die Ausgeschlossenen usw. nicht aufgenommen haben, nennt er Verfluchte, bestimmt für das ewige Feuer. Das Evangelium spricht in der Sprache der damaligen Zeit. Es will sagen, nicht Jesus verweigert ihnen den Zugang zum Reich, sondern sie selbst, weil sie ihre Schwestern und Brüder in Not nicht aufgenommen haben und unbarmherzig waren.

Das Vorbild
Ezechiel hält den ungerechten und grausamen Königen einen Spiegel vor. Könige wurden Hirten genannt (wie heute der Vatikan die Bischöfe Hirten nennt). Er wirft ihnen unverblümt vor, dass sie nicht ihr Volk (die Herde) weiden, sondern sich selbst. Sie richten das Volk sogar zugrunde, deshalb kümmert sich Gott selbst um sein Volk. Der Prophet Daniel spricht von einer Lichtgestalt, die alle Völker von bestialischen Herrschaften befreit.
Das Matthäusevangelium sieht darin das Vorbild in Jesus. In diesem Sinn kann und darf auch die Kirche von „Christus als König“ sprechen.

Warnung und Trost
In einem Buch lese ich von „Weltwirtschaftsbedingungen“. Weltwirtschaftsführer benehmen sich auch heute noch so rücksichtslos, dass diejenigen, die dabei unter die Räder kommen, sich wie dumme und vor allem ohnmächtige Schafe vorkommen müssen. Eigentlich muss es heißen „Weltwirtschaftschaos“. In meinem Land begann ein Parteiführer als Integrationsminister, jetzt steht er an der Spitze des Staates, er weigert sich sogar, Kinder aus dem Elend in unser Land zu lassen.

Das Evangelium ist ein Trost für uns ohnmächtige Bürgerinnen und Bürger, für alle Opfer von Elend und Unterdrückung, dass dem Schöpfer kein Leid verborgen bleibt. Die Täter werden sich, wie im Evangelium, selbst richten.

 

P. Dr. Jakob Mitterhöfer SVD