Hochfest der Verkündigung des Herrn

Predigtimpuls

Welcher Liebe kann ich trauen und mich anvertrauen?

1. Lesung: Jes 7,10-14
2. Lesung: Hebr 10,4-10
Evangelium: Lk 1,20-38
Zum Kantillieren des Evangeliums: www.stuerber.de

Wer ist dieser Jesus, dessen Predigt solche Scharen von Menschen anzog und begeisterte, die Schriftgelehrten und die israelitische Obrigkeit aber auf die Palme trieb? Sein Wort heilte Krankheiten jeglicher Art, sogar den als unheilbar geltenden Aussatz; es befreite von bösen Geistern Beherrschte, rief sogar Tote ins Leben zurück. Sein Befehl stoppte den Sturm und glättete die tobenden Wellen des Sees. Ein Handvoll Brotfladen und ein paar Fische genügten ihm, um Tausende zu sättigen.

Wer ist es, der das Volk Israel so spaltete und der von den Führern Israels mit Hilfe der römischen Besatzungsmacht ans Kreuz gebracht wurde? Er starb am Kreuz, wie alle, die dabei waren, bezeugen konnten, alle, die sich das Schauspiel der Hinrichtung nicht hatten entgehen lassen wollen, und ein paar seiner Anhänger, die ihn auch am Kreuz nicht lassen konnten.

Wer ist es, von dem seine Anhänger ein paar Tage nach seinem öffentlichen Tod behaupteten, er lebe und sei ihnen als Lebender erschienen? Nach seiner Verhaftung hatten sie sich voll Angst versteckt, nach seiner Hinrichtung waren sie am Boden zerstört, doch kurze Zeit später predigten sie öffentlich, Jesus sei der Messias, und ließen sich auch durch Drohungen, Verhaftungen und selbst durch Hinrichtungen einzelner von ihnen nicht davon abbringen.

Wer ist dieser Jesus?
Er ist mehr als ein besonderer Mensch, mehr als auch der größte der großartigen Propheten Israels, sagt uns dass heutige Evangelium; er ist in einzigartiger Weise Gott nahe, in einzigartiger Weise schon von seinem Ursprung her mit Gott verbunden, ja, er ist selbst Gott.

Lukas erzählt uns von dem Engel Gabriel, den Gott gesandt hat, um Maria von ihrer Berufung, Mutter des Erlösers zu werden, zu unterrichten. Der Engel kommt nicht, Marias Einverständnis einzuholen, sondern ihr Gottes Entschluss mitzuteilen. Aber Maria spricht ihr Ja zum Plan Gottes und zu ihrer Berufung und stellt sich Gott mit ihrem ganzen Sein zur Verfügung.

Was der Engel Maria sagte, war verwirrend für Maria und ist es teilweise wohl auch für uns. Ihr Sohn werde groß sein, sagt der Engel, und Sohn des Höchsten, Sohn Gottes, genannt werden; das heißt, er wird Sohn Gottes sein.

Weiter sagt der Engel: „Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakobs in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben.“ Schon seit Jahrhunderten hatten die Nachkommen Davids alle Macht verloren. Kein Wunder, möchten wir sagen, wenn wir in der heutigen Lesung hören, wie Ahas, ein Nachkomme und Nachfolger Davids, sich mit fromm klingenden Worten von Gott lossagt, Gott misstraut und ihn aus seiner Politik und seinen Entscheidungen ausschließen will. Welch ein Gegensatz zu David!

Trotz des Machtverlusts des Hauses David wurden die Verheißungen an David und seine Familie von Generation zu Generation in Israel weitergegeben und geglaubt. Aber man hatte längst verstanden, dass die Verheißungen sich auf einen Heilsbringer völlig neuer Art bezogen, einen „Gesalbten“, Messias, der in jeder Hinsicht alle bisherigen Könige weit übertreffen wird, einen endzeitlichen Herrscher. Lukas sagt uns in der Geschichte der Verkündigung, dass sich in Jesus die Verheißung an David erfüllt hat. So sah es die junge Kirche, so sieht es die Kirche heute und so glauben wir. Jesus ist der verheißene und heiß erwartete Messias. Aber anders als ein davidischer König, der nach seiner Krönung Sohn Gottes genannt wurde, weil man sich vorstellte, Gott habe ihn in der Krönung gleichsam als Sohn adoptiert, ist Jesus Sohn Gottes seinem Wesen nach.

Das ist das unauslotbare Geheimnis dieses Festes und der Person Jesu; menschlicher Verstand wird es nie ergründen können. Der Evangelist Johannes hat dieses Geheimnis in dem großartigen Hymnus am Anfang seines Evangeliums besungen: Das Wort, das immer schon bei Gott war und selbst Gott ist, hat alles erschaffen; es ist für den Menschen Leben und Licht und sucht unablässig durch die Zeit hindurch den Menschen, aber der Mensch erkennt es nicht und nimmt es nicht auf. Gleichsam in einem letzten Bemühen, beim Menschen anzukommen, wird das Wort „Fleisch“, wird selbst Mensch in aller menschlichen Begrenztheit, wird Jesus von Nazaret. Der Bericht vom Besuch Gabriels bei Maria erzählt wie auch der Hymnus im Johannesevangelium eine unglaubliche Liebesgeschichte, die Geschichte von der unbegreiflichen Liebe Gottes zu uns Menschen. Und jeder von uns kann sagen: Es ist die Geschichte der Liebe Gottes zu mir.

Gottes Liebe ist der Hintergrund all dessen, was uns das Neue Testament von Jesus erzählt, der Hintergrund seines Handelns, seiner Worte und schließlich seines Leidens und Sterbens. Welcher Liebe kann ich trauen und mich anvertrauen, wenn nicht dieser Liebe? Welche Liebe schenkt mir größere Verheißungen als diese Liebe Gottes, der treu und wahrhaftig ist und die Macht hat, seine Verheißungen wahr werden zu lassen?
Vertrauen wir uns dieser Liebe an, vertrauen wir uns Gott an!

 

P. Lothar Janek SVD