15. Sonntag im Jahreskreis (A)

Besinnung

Deutung des Gleichnisses vom Sämann

Evangelium: zu Mt 13,18


Die vielen, die das Gleichnis vom Sämann nicht verstanden hatten, wandten ein: Steht nicht im Buche Genesis geschrieben. Dass Gott die Welt in sechs Tagen schuf, erst die Pflanzen, danach die Tiere und zuletzt den Menschen? Und du behauptest. Alles entwickle sich allmählich…

Da versuchte er ihnen klarzumachen, dass die Welt nicht – wie so viele glauben – fix und fertig aus den Händen Gottes hervorgegangen ist, sondern sich über viele Jahrmillionen entwickelt hat, und die höheren Lebewesen erst auftraten, nachdem die Vorbedingungen für ihre Existenz gesichert waren. Er erklärte ihnen, dass Gott nicht alles selbst mache, sondern auch seine Geschöpfe etwas machen lässt und sie mit der Fähigkeit ausgestattet habe, an der Gestaltung der Welt mitzuwirken.

Dann fügte er hinzu: Was für die Entwicklungsgeschichte der Welt gilt, gilt in gleicher Weise für die Offenbarung. Sie überfällt den Menschen nicht. Das Kommen des Gottesreiches braucht, wie das Leben, für das Reifen Zeit. Die Propheten haben in den vergangenen Jahrtausenden das Erdreich für das Evangelium aufbereitet.

Über diese Worte staunten seine jünger und sagten: Willst du damit sagen, dass vieles von dem, was du verkündigst, nicht neu ist? Dass du an Gedanken und Geschichten anknüpfst, über die vor dir schon andere gesprochen haben?

Da sagte er zu ihnen: Ja, so ist es. Wenn ich früher, vor den Propheten, aufgetreten wäre und gepredigt hätte, wäre ich vor der Zeit gekommen und nicht verstanden worden. Ich baue ein neues Haus aus alten Steinen! Und ich möchte, dass ihr an diesem Haus weiterbaut.

                                                                       Selig, die nicht sehen und doch glauben –
                                                                    denn der Glaube folgt nicht aus dem Sehen,
                                                                     sondern sehen kann nur, wer zuvor glaubt.

 

In: Walter Rupp SJ, Der verlorene Vater - Erstaunliche Gleichnisse, München 2003

P. Walter Rupp SJ