2. Sonntag im Jahreskreis (A)

Predigtimpuls

„Johannes der Täufer erkannte, dass er seine Aufgabe erfüllt hatte.“

1. Lesung: Jes 49,3.5-6
2. Lesung: 1Kor 1,1-3
Evangelium: Joh 1,29-34


Das Evangelium präsentiert uns heute Johannes den Täufer und sein Wirken für Jesus. Johannes hatte sich intensiv für die Sache Jesu eingesetzt. Er hat alles aufgegeben und sein Leben verfolgt nur dieses eine Ziel. Und nun begegnet er Jesus und sieht, dass sein Auftrag bald erfüllt sein wird. Es braucht schon einen besonderen Charakter, wenn jemand sich mit aller Kraft für das Kommen eines anderen einsetzt und dann bei der Ankunft des Angekündigten zurücktreten kann bzw. muss. Einem solchen Verhalten begegnet man selten. In unseren Demokratien bewerben sich meistens mehrere Kandidaten um ein Amt und versuchen mehr Stimmen zu erhalten als die Konkurrenten. In seltenen Fällen kommt es vor, dass bei mehreren Kandidaten einer sich zurückzieht und seinen Anhängern empfiehlt, für seinen Kollegen zu stimmen. Sich selbst zu Gunsten eines anderen zurücknehmen zu können, deutet auf eine große Charakterstärke hin. Man gibt nicht dem eigenen Machtstreben Raum, sondern dient gemeinsamen höheren Werten. Genau das tut Johannes der Täufer. Als er sieht, dass seine Aufgabe erfüllt ist, zieht er sich nicht aus Lustlosigkeit oder Müdigkeit zurück. Im Gegenteil, er sehnt sich nach der Ankunft Christi und tut alles, um dem Herrn die Wege zu bereiten.

Darin ist der Täufer ein großes Vorbild für uns heute. Es geschieht häufig, dass Menschen einen Dienst ausüben und sich mit der Aufgabe dann sehr verbunden fühlen. Sie schätzen die Anerkennung, die ihnen durch den Dienst entgegengebracht wird. Sie finden eine sinnvolle Beschäftigung und eine gewisse Genugtuung beim Ausführen des Dienstes. Schließlich knüpfen Menschen durch ihren Dienst auch viele persönliche und wertvolle Beziehungen. Es tut einfach gut, gefragt zu werden und sich gebraucht zu fühlen. Das gilt für Hauptamtliche wie auch für Ehrenamtliche in vielen Bereichen, nicht nur in der Kirche. Darin kann man auch nichts Schlechtes finden, im Gegenteil, häufig sind Anerkennung und persönliche Beziehungen der Antrieb dafür, überhaupt einen Dienst auszuführen.

Schwierig wird es nur, wenn man das eigentliche Ziel, nämlich Christus zu dienen, aus dem Auge verliert. Ganz konkret wird dies, wenn man stark an einer Aufgabe haftet oder an einem Dienst klebt und dies zum Problem wird, wenn der Dienst nicht mehr gefragt ist oder man ihn aus irgendwelchen Gründen nicht mehr erfüllen kann. Das Niederlegen eines Amtes, das Beenden eines Dienstes oder Ehrenamtes kann mit großen persönlichen Verlusten einhergehen und deshalb auch sehr schmerzhaft sein. Fürchtet man sich vor diesen Verlusten und möchte man persönliche Einschränkungen auf jeden Fall vermeiden, dann hält man krampfhaft an seiner Aufgabe fest. Diese Verlustängste kann man dann auch verdrängen und sich selbst zum Beispiel sagen: „Mein Nachfolger wird das nie richtig machen können.“ Man sucht sich also Rechtfertigungen, warum man denn auf keinen Fall seine Aufgabe abgeben darf. Manche machen sich eben etwas vor und halten sich für unersetzbar, im Sinne von: „Die Leute brauchen mich unbedingt“ oder: „Niemand kann das so gut wie ich.“
Solche Situationen finden sich in vielen Bereichen. Eltern müssen irgendwann einmal ihre Kinder in die Selbständigkeit entlassen. Erwachsene Kinder tragen selbst die Verantwortung für ihr Leben und das kann für Eltern schwierig werden. Sie müssen sich daran gewöhnen, dass ihre Kinder anders entscheiden und anders leben wollen als sie selbst.

Auch im kirchlichen Bereich finden wir solche Schwierigkeiten bei den verschiedenen Diensten: Nimmt ein Pfarrer Abschied von seiner Gemeinde, so bedeutet das auch immer wieder ein persönlicher Verlust für ihn und häufig auch für die Menschen, mit denen er sich gut versteht. Selig der Pfarrer, der nicht an seinem Amt klebt. Das Gleiche gilt fürs Bischofsamt und ähnlich ergeht es Ehrenamtlichen, die aus irgendeinem Grund Abschied von ihrer Aufgabe nehmen müssen.

Johannes der Täufer erkannte, dass er seine Aufgabe erfüllt hatte. Am Ende wurde er sogar gefangen genommen und hingerichtet. Es ist das größte Opfer, das man für den Herrn bringen kann. Eine Scheibe davon können wir uns alle abschneiden zum Wohle der gesamten Kirche und der Gesellschaft.

 

P. Oliver Heck SVD