3. Sonntag im Jahreskreis (A) - „Ökumenischer Bibel-Sonntag“ im „Jahr des Wortes Gottes 2020“

Predigtimpuls

Hoffnung für Alle

1. Lesung: Jes 8,23b-9,3
Hier: Dtn 5,23-29
2. Lesung: 1Kor 1,10-13.17
Evangelium: Mt 4,12-23
Hier: Joh 1,1-5; 9-14

Wir feiern heute den Ökumenischen Bibel-Sonntag. Vor dem Worte Gottes sind wir alle gleich, ob orthodoxe, koptische, mennonitische, evangelische, freikirchliche, anglikanische, altkatholische oder römisch-katholische Christen. Das verbindet uns und deshalb feiern wir diesen Sonntag gemeinsam.
Wir dürfen so dankbar dafür sein, dass Gott zu uns spricht. Und dankbar dafür, dass Menschen die große Mühe auf sich genommen haben, diese Gotteserfahrungen weiterzuerzählen, sie aufzuschreiben, weiterzuschenken, vor Gefahren zu schützen, immer wieder von Hand zu kopieren, schließlich zu drucken, neu zu übersetzen, damit auch wir Menschen von heute erfahren können, wer Gott für uns ist und was er uns sagen möchte.

Schauen wir auf das Evangelium, das wir gehört haben: Johannes entwirft, nach dem Bericht über die Entstehung der Welt in der Genesis, einen neuen Schöpfungsbericht: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott.“ Der griechische Begriff Logos, der hier im Urtext steht, meint sehr viel mehr als „Wort“, wie es in unserer Übersetzung heißt. Wir können es auch so lesen: „Im Anfang war die Botschaft, im Anfang war die Selbstmitteilung... und alles war Botschaft und alles war Selbstmitteilung Gottes.“ Dann heißt es weiter: „Alles ist aus der Botschaft, aus der Selbstmitteilung geworden und ohne sie wurde nichts, von allem, was ist.“
Wenn wir den Beginn des Johannes-Evangeliums auf diese Weise hören, dann entdecken wir, dass die ganze Schöpfung, in der wir leben, eine Botschaft ist, eine Selbstmitteilung Gottes. Und nicht nur die Schöpfung als Ganzes, sondern auch jeder einzelne Teil davon, jeder Stein, jede Pflanze, jedes Tier und natürlich auch jeder Mensch. Jede und jeder von uns ist eine Botschaft Gottes an diese Welt, ist also auch ein lebendiges Wort Gottes.

Vielleicht erscheint uns das zu hoch gegriffen und fern jeder Lebensrealität. Und ja, unsere Wirklichkeit sieht leider oft gar nicht nach einer göttlichen, und das bedeutet ja, einer liebevollen Botschaft aus. Da wird betrogen und gelogen, da werden die Rechte anderer mit Füßen getreten, wird gemobbt und gestoßen, da gibt es Hass und Gewalt und vieles andere mehr.

Aber sehen wir die Sache doch mal mit anderen Augen: Wenn ich als Fahranfänger in ein Auto steige und Gas gebe, wenn ich dann, weil ich das Auto noch nicht gut beherrsche, mit einem anderen Auto zusammenstoße und dadurch der andere Fahrer ein Schleudertrauma bekommt, heißt das, dass ich böse bin? Nein! Aber es wird mich hoffentlich lehren zu sehen, dass das Auto eine gute und praktische Seite hat, dass es aber auch Schaden anrichten kann. Ich werde hoffentlich die Entscheidung treffen, weitere Fahrstunden zu nehmen oder auf einem Parcours zu üben, damit ich das Fahrzeug besser beherrsche und keine anderen Personen mehr gefährde.

Und so ist es auch mit unserem Leben. Unser Leben ist zum Guten erschaffen, wir sind als Gottes Botschaft in diese Welt gekommen. Aber manchmal vergessen wir unseren Ursprung und den Sinn unseres Lebens, manchmal gebrauchen wir das Leben gerade so, wie es uns passt. Dadurch bringen wir nicht selten andere Menschen in Gefahr oder wir verletzen sie. Viele Menschen haben wohl auch noch nie davon gehört, dass das Leben einen tieferen Sinn hat, als das bloße Überleben und möglichst viel Reichtum und Wohlstand aufhäufen. Was können wir also tun? Wir sollten wieder Fahrstunden nehmen und uns darin einüben, unser Leben so zu lenken, wie Gott es ihm von Anfang an eingegeben hat.
Und wie geht das? Indem wir die Bedienungsanleitung für das Leben studieren, darin lesen und das Gelesene anwenden. Ich meine damit natürlich die Heilige Schrift. Ja, dort können wir entdecken, wie Menschen ihren Weg mit Gott gesucht und gefunden haben, wie sie gezweifelt haben und dann zur größeren Wahrheit gekommen sind, wie sie sich haben leiten lassen von Jesus und zur Fülle des Lebens gefunden haben. Und das will eine Anleitung sein für unser Leben, denn auch uns gilt die Verheißung Jesu: „Ich will dass ihr das Leben in Fülle habt.“ (vgl. Joh 10,10)

„Fülle des Lebens“, ich denke, das wollen wir alle. Aber der Weg, auf dem wir Menschen dahin zu kommen versuchen, unterscheidet sich grundlegend von dem Weg Gottes. Wir versuchen uns abzusichern, ein gutes finanzielles Polster zu haben, versuchen etwas zu leisten, um Anerkennung zu bekommen, und verwechseln materiellen Wohlstand mit Fülle des Lebens. Alle aber, die Gottes Wege kennen, alle, die die Heilige Schrift lieben, erkennen, dass Fülle des Lebens genau das Gegenteil davon ist. Wenn ich gelernt habe, so auf Gott zu vertrauen, dass ich es aushalte, wenn meine Hände oder auch mein Herz leer sind, gerade dann wird Gott mich mit seinem Reichtum beschenken. Wenn ich immer wieder erlebt habe, wie meine Beziehung zu Jesus trägt, dann kann ich über die engen Grenzen meiner Ängste hinauswachsen und werde erfahren, wie stark seine Hand ist, die mich hält und rettet. Erst wenn ich erkannt habe, dass Gott mich sogar mit meinen Fehlern und Schwächen liebt, werde ich sorglos leben können, werde mein ganzes Potential entfalten und das volle Leben leben, das er mir zugedacht hat. Dann werde ich schließlich zum wahren Abbild Gottes, zu dem er mich ja erschaffen möchte.

Wir brauchen die Verbindung zu unserer Wurzel, wir müssen unsere Verbindung zu Gott und dem göttlichen Wort pflegen und nähren. Denn wenn wir in unserem Wesen göttliche Botschaft sind, dann werden wir zu immer tieferem und reicherem Leben finden, je intensiver wir uns mit dem Wort Gottes verbinden.

Nutzen Sie die vielfältigen Möglichkeiten: Lesen und meditieren Sie in der Bibel zuhause, gehen Sie in einen Bibelkreis, nutzen Sie biblische Angebote in den Bildungshäusern, nehmen Sie teil an Lectio Divina, Bibliodrama oder Bibliolog, lesen Sie mal einen Kommentar über eine Bibelstelle und tauschen sich mit anderen darüber aus. Jede Zeit, die sie mit dem Wort Gottes verbringen, wird ihr Leben nähren und vertiefen, wird Sie in Ihrem Wesen mit dem göttlichen Ursprung und Auftrag verbinden. Erinnern wir uns an das, was Jesus zu Ende seiner Wirkungszeit gesagt hat: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.“ (Lk 21,33)

 

P. Thomas Heck SVD