30. Sonntag im Jahreskreis (A) - Weltmissionssonntag

Predigtimpuls

„Selig, die Frieden stiften“ (Mt 5,9)

1. Lesung: Ex 22,20-26
2. Lesung: 1Thess 1,5c-10
Evangelium: Mt 22,34-40

Es kam ein Bericht im Fernsehen über die Tomatenbauern in Ghana. In der fruchtbaren Region in der Mitte des Landes gibt es viele Plantagen mit allerlei Gemüse und mit Tomaten. Es wurde auch eine Fabrik aufgebaut, die aus Tomaten Mark herstellte und in Dosen vertrieb. Kaum ein Essen kommt in Ghana auf den Tisch, das nicht mit Tomatenmark verfeinert wäre. Seitdem aber containerweise billiges Tomatenmark aus Europa und China importiert wird, ist die ganze Produktion zusammengebrochen. Mit diesen Niedrigpreisen konnte die einheimische Herstellung einfach nicht konkurrieren. Viele Familien haben dadurch ihren Lebensunterhalt verloren. Viele denken daran, bei nächster Gelegenheit nach Europa zu fliehen, wo sie hoffen, eine bezahlte Arbeit zu finden, um wenigstens so für ihre Familie sorgen zu können.

Das ist ein Beispiel von Tausenden für all die Ungerechtigkeiten, die im weltweiten Wirtschaftssystem passieren. Das Elend und die Fluchtursachen sind menschengemacht und werden durch unser so genanntes Wohlstandssystem verursacht. Dieses System erzeugt auf der einen Seite einen ungeheuren Überfluss und eine Übersättigung, die zum unsensiblen Umgang mit den Ressourcen unserer Erde führen, auf der anderen Seite aber ein Elend und eine Hilflosigkeit, die die Menschen zur Flucht treiben.

In der Lesung aus dem Buch Exodus haben wir Gott sprechen hören: „Wenn du die Witwe oder Waise ausnützt und sie zu mir schreit, werde ich auf ihren Klageschrei hören... Wenn du deinem Mitbürger nicht lässt, was er als das Lebensnotwendige braucht, und er zu mir schreit, so werde ich es hören, denn ICH habe Mitleid. Mein Zorn wird entbrennen.“

Wenn unser Handeln dazu führt, dass andere Menschen benachteiligt, ausgebeutet und ins Elend gestürzt werden, so kennt Gott kein Pardon. Denn vor ihm sind alle Menschen wertvoll und er möchte, dass jede und jeder in Würde leben kann. Niemand darf sich das Recht herausnehmen, den ganzen Kuchen aufzuessen, der für alle Menschen vorgesehen ist. Am Ende leiden nicht nur die, die benachteiligt werden, sondern auch wir, die wir auf Kosten anderer leben. Wir alle bekommen die negativen Folgen zu spüren mit Klimakrise, Terror und Krieg, Flüchtlingsströmen, Corona-Pandemie usw.

Jesus benennt als das wichtigste Gebot unseres Glaubens: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken.“ Er schließt aber direkt an und betont, dass Folgendes genauso wichtig ist: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Das bedeutet, dass die Gottesliebe niemals eine bloß spirituelle Sache bleiben darf, sozusagen eine Übung in der Kirche oder im privaten Herzen. Die Gottesliebe muss Füße und Hände bekommen, sie muss sich in die helfende Begegnung mit den Menschen hinein ausdrücken und verkörpern, sonst bleibt sie seelenlos. Unser Gott ist nun einmal ein leidenschaftlicher Freund all seiner Geschöpfe; jede Pflanze, jedes Tier, jeder Mensch ist in seinen Augen kostbar und wesentlicher Teil der ganzen Schöpfung.

Wenn wir sagen, dass wir Gott lieben, dann müssen wir uns auch für seinen Horizont öffnen und lernen, alle Geschöpfe zu lieben. Auch uns darf es dann nicht kalt lassen, wenn Geschöpfen Gewalt angetan wird, wenn sie ausgebeutet werden oder ihnen jede Lebensperspektive genommen wird.

Wie können wir also das Motto des heutigen Weltmissionssonntags umsetzen: „Selig, die Frieden stiften und Solidarität leben“? Frieden kann nur da gedeihen, wo man für Gerechtigkeit sorgt. Stellen wir uns dazu ein paar Fragen: Wo gibt es in meinem Umfeld Situationen von Ungerechtigkeit? Gibt es Menschen, die ich normalerweise übersehe? Was spüre ich, wenn ich sie einmal bewusst wahrnehme, mich in ihre Lage versetze? Welche Form von Solidarität könnte ich zeigen, damit es anderen besser geht?

Wie kann ich mein Leben achtsamer gestalten? Pausen machen, zu mir kommen, hinspüren? Wie kann ich beim Essen die Gaben der Schöpfung mit mehr Dankbarkeit genießen? Vielleicht sogar weniger essen, dafür aber durch eine liebevolle Achtsamkeit besser gesättigt werden? Beim Einkaufen auf „bio, „regional“, „fair gehandelt“, „nachhaltig“ achten. Und viele weitere Möglichkeiten, die Ihnen sicher kommen werden, wenn Sie dem Thema in der Familie einmal nachgehen. Dazu möchte ich Sie einladen.

Gerade die Coronakrise führt uns eines deutlich vor Augen: Papst Franziskus hat es an Ostern so formuliert: „Uns wurde klar, dass wir alle im selben Boot sitzen... Denn alle sind wir dazu aufgerufen, gemeinsam zu rudern, alle müssen wir uns gegenseitig beistehen. Auf diesem Boot befinden wir uns alle.“ Das ist unsere gemeinsame Mission, die wir aus der Verbundenheit mit Jesus heraus anzugehen berufen sind.

 

P. Thomas Heck SVD