6. Sonntag im Jahreskreis (B)

Predigtimpuls

Sein Hunger nach Leben wurde gestillt.

1. Lesung: Lev 13,1-2.43ac.44ab.45-46
2. Lesung: 1Kor 10,31–11,1
Evangelium: Mk 1,40-45

Seit fast einem Jahr schlagen wir uns nun rum,
mit diesem Virus und Regeln, die dumm
dem einen oder der andren erscheinen.
Es sind – leider – zu viele, die meinen,
niemand habe das Recht ihnen vorzuschreiben,
wann und wo, wer und warum hat zu bleiben.
Und für viele ist scheinbar das größte Problem,
die Distanz, die einzuhalten höchst unangenehm
zu sein scheint, weil wir Menschen uns halt sehnen,
nach Nähe, nach jemandem, an dem anlehnen
man sich kann, um sich nicht allein zu erleben.
Ein Mensch nah dran an mir, der kann mir geben,
was leben mich lässt, was einfach mir guttut.
Doch stattdessen heißt es: Seid auf der Hut.

Dass das nicht neu ist, haben wir gerade vernommen,
auf der Welle sind schon die Alten geschwommen,
von denen man uns im Buch Levitikus berichtet.
Auf die Präsenz derer mit Aussatz hat man verzichtet,
musste es tun, so wollte es die geltende Regel,
erbarmungslos trennend Mann, Frau, Kind und Kegel.
Mit aller Härte und Konsequenz wollte man schützen
die Gemeinschaft am Ort, ihr sollte es nützen,
dass man die einen von den andern isolierte,
was bestimmt auch damals schon provozierte.
Von Protesten haben wir gerade aber nichts gehört.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich keiner gestört
hat, das Vorgehen hat diskriminierend gefunden,
zu denen des Leibes kamen so noch der Seele Wunden.

Mag sein, dass was dran ist, was man sagt von den Leut',
dass sie früher so viel besser gehorchten als heut.
Mag aber auch sein, dass man gedachte, seinen Teil
beizutragen, was diente der Allgemeinheit Heil.
Ich persönlich finde den Ansatz gar nicht schlecht,
wenn er folgt dem, wie Augustinus meinte, dass recht
sei alles, was aus Liebe wird getan und gesagt.
Mir taugt das als Maxime gut, wenn sie auch gewagt.
Denn da muss man doch schon sehr stark vertrauen,
dass Mann, Frau und Kind bereit sind wirklich zu schauen,
dass der Grundstein für das, was sie zum Handeln bewegt,
wirklich auf das Fundament wahrer Liebe gelegt.
Wie das sich zeigt, ist nicht vorauszusehen.
Basierend auf Liebe kann alles geschehen.

Sogar - und jetzt hoffe ich, dass Sie fest sitzen -
aber ich muss es sagen, selbst wenn ins Schwitzen
jetzt der eine oder die andre mag geraten,
sogar durch nicht regelkonforme Taten,
kann wahre Liebe werden dokumentiert.
Jesus selbst hat es uns vor Augen geführt.
Im Evangelium haben wir es vernommen,
was für den Aussätzigen unerwartet gekommen.
Statt auf Abstand zu gehen, sich zu distanzieren,
wagt er es, den Unberührbaren zu berühren.
War Jesus das, was wir als Querdenker kennen?
Ihn in einem Atemzug mit denen zu nennen,
die heut so genannt, ist strikt zu vermeiden.
Er tat den Menschen gut, da musst keiner leiden.

Im Gegenteil, Jesus hatte ein Gespür für die Not
jedweder Art, ihr abzuhelfen ihm stetes Gebot,
geboren aus Liebe und dieser großen Leidenschaft
für Menschen, für uns alle, weshalb mit aller Kraft
des Herzens und des Verstandes er danach strebt,
Worte, Wege, Mittel zu finden, damit auflebt,
wer wie auch immer am Leben gehindert.
Nicht nur die Not des Leibs wird so gelindert.
Jesu Blick den Menschen in Gänze erfasst;
er sieht und nimmt fort auch die schwere Last,
die drückt auf die Seele, den Atem abschnürt.
Wenn er, wie berichtet, mit seiner Hand wen berührt,
dann geht das tiefer, ist nicht nur äußrer Kontakt.
Dass Berührungen heilen, ist längst erwiesener Fakt.

Das ist nicht nur der Psychologen graue Theorie,
das beweisen täglich liebende Menschen, wenn sie
einander zeigen durch Gesten der Zärtlichkeit
ihr Füreinanderdasein, ihre Liebe und Verbundenheit.
Egal ob wir auf Eheleute, Eltern oder Freunde schauen,
wer traurig ist, enttäuscht, ängstlich möchte bauen
können auf jemanden, der ohne Wenn und Aber,
ohne großes Gedöns und mächtig Gelaber,
ihn aufrichtet, ihm Halt gibt und festen Stand.
Und oft genug ist es die helfende Hand,
die auf dich gelegt, die dir einfach gereicht,
die bewirkt, dass um das Herz dir wird leicht.
Der (die) hat ja gut reden, hör ich Euch schon sagen,
wenn es so einfach wär mit Handreichen in diesen Tagen.

Dass es einfach wäre, hab ich auch nie gesagt.
Auch hier gilt: Es gewinnt der, der was wagt.
Und spätestens an dieser Stelle wird man bemerken:
Es kommt darauf an, Herz und Verstand zu stärken.
Dem Irrtum sind leider schon viele aufgesessen,
sie haben vor lauter Emotion die Ratio vergessen.
Liebe als Triebfeder des Handelns wird aus beiden genährt.
Fällt eins davon weg, laufen wir ganz schnell verkehrt.
Liebe, als Herzenssache gern in Schlagern besungen,
reduziert sie auf Gefühlsduselei und so ist misslungen
ganz schnell handeln, das gemeint noch so gut.
Besser ist es, wenn es auf zwei Säulen ruht.
Drum hat uns Gott auch Verstand gegeben.
Beides zu nutzen öffnet Türen zum Leben.

Natürlich denke ich da auch an die Plage,
die Ursache ist für die missliche Lage,
mit der wir uns nun schon so lange quälen.
Es ist eine Krise, doch können wir wählen,
darin auch die Chance zu erkennen, die
nicht als Christ, nicht als Kirch' in die Knie
uns zwingt, uns droht, Schaden zu nehmen.
Wir müssten nur aufhör’n, uns selber zu lähmen.
Natürlich gilt auch für uns die gleiche Regel
wie für alle, doch brauchen die Segel
wir nicht gleich streichen, wenn auch geboten
Distanz. Warum nicht mutig ausloten,
welche Möglichkeiten wir haben zu erreichen,
statt auf „haben wir noch nie gemacht“ auszuweichen?

„Auch ich suche allen in allem entgegenzukommen.“
So haben wir grad auch bei Paulus vernommen.
Er hat sich dabei an Christus orientiert,
das hat ihn auf die richtige Spur geführt.
Entgegenkommen, dem anderen reichen die Hand,
das wendet Not, auch heut, auch in unserem Land.
Drum, wenn auch, nein grad weil so manches lief schief,
oder nicht wie gewohnt, sag ich: Lasst uns sein kreativ!
Lasst uns Wege und Mittel und Formen finden,
den Menschen von der Liebe Gottes zu künden.
So wie dem Mann, der von Aussatz geplagt,
soll sie auch heut keinem werden versagt.
Seine Hoffnung, sein Vertrauen hat sich erfüllt.
Sein Hunger nach Leben wurde gestillt.

Hunger nach Leben haben auch heute
an Leib und an Seele noch so viele Leute:
weil sie keine Zukunft, keine Perspektive sehen,
weil sie vor den Scherben von Beziehungen stehen,
weil der existentielle Abgrund vor ihnen klafft,
weil für das Mithalten fehlt Schwung und Kraft.
Sie warten und hoffen und bauen darauf,
dass neue Lebenswege für sie tun sich auf.
Sie warten und hoffen, dass sie haben den Mut,
sie zu beschreiten. Ihnen allen tut's gut,
wenn da ist die Hand, die signalisiert:
Trau dich nur, egal, was passiert.
Dass sie nicht hoffen und warten vergebens,
will auch durch uns der Herr allen Lebens.
 

Maria Gleißl, Pastoralreferentin