2. Sonntag der österlichen Bußzeit (B)

Predigtimpuls

Etwas vom „Licht solcher Stunden“ aufbewahren

1. Lesung: Gen 22,1-2.9a.10-13.15-18
2. Lesung: Röm 8,31b-34
Evangelium: Mk 9,2-10

Neun Jünger waren nicht dabei, als Jesus mit Petrus, Jakobus und Johannes auf den Berg stieg. Nur die drei sahen, dass er verklärt wurde. Jesus so zu sehen, wie er auf dem Berg geschildert wird, ‘so strahlend weiß, wie es auf Erden kein Bleicher machen könnte’, und dazu die Stimme aus der Wolke zu hören: ‚Das ist mein geliebter Sohn‘ - war selbst für die Jünger nicht normal und selbstverständlich. Genauso wenig wie für uns heute.

Wir haben nicht einfach, und wenn schon, dann auch nicht immer eine solche Sicht auf Jesus in seiner Herrlichkeit. Sie lässt sich nicht machen, geschweige denn erzwingen. Sie muss uns von Gott geschenkt werden.

Die Drei, denen dieses Erlebnis geschenkt wurde, verstanden anscheinend, was geschah: Ihr jüdischer Glaube verglich das himmlische Leben, das den Gerechten nach ihrer Auferstehung geschenkt wurde, mit einem neuen, strahlenden Kleid.

Eine Woche lang hatte Jesus mit ihnen von Leid und Kreuz gesprochen, hatte Gefahr und Unheil in Jerusalem angedeutet. Nun aber durchstrahlt ihn himmlisches, gottgeschenktes Leben, wenn auch nur für einen Moment. Den drei Jüngern, zuhause in ihrem jüdischen Glauben, ging auf: Mit Jesus ist die himmlische Welt Gottes auf Erden angekommen.

Die neun anderen Jünger haben nichts gehört und nichts gesehen. Ihnen erging es wie den meisten von uns. Die Drei werden ihnen wohl erzählt haben, was ihnen an Jesus für einen Augenblick aufgegangen war. Dies wirft einen Blick auf unseren Glauben an Jesus: Der Glaube lebt vom Erzählen; er lebt und nährt sich vom Weitersagen dessen, was Gott einem jeden und einer jeden an Einsicht und Durchblick geschenkt hat. Es braucht also immer auch eine gute Portion Vertrauen darauf, dass das Zeugnis derer, denen eine tiefere Erkenntnis Jesu geschenkt war, wahr ist.

Die Drei auf dem Berg, die mit Jesus die Sternstunde ihres Lebens erleben, wollen den Augenblick festhalten. Der Moment tiefen Verstehens, in der sie im Herzen Gottes Nähe verspüren, das aufstrahlende Glück soll ewig andauern: ‚Es ist gut, dass wir hier sind‘, sagen sie, und ‚Lass uns drei Hütten bauen. Ja, hier fühlen wir uns wohl. Hier wollen wir nicht mehr weg!‘ So Petrus und er spricht uns aus dem Herzen, wenn wir daran denken, wie gut es tut, wenn einem in allem Schweren des Alltags auch Stunden geschenkt werden, wo man vergessen kann und die Last, die man trägt, von einem abfällt. Es tut gut, wenn bei allem Jammer doch einmal eine Stunde dazwischen ist, die ein Stück Himmel auf Erden bedeutet.

Doch Hütten werden keine gebaut! Jesu Weg geht nach unten, den Berg hinab, hinein in den Alltag, ins gewöhnliche Leben. Das, was er ihnen an den vorangegangenen Tagen gesagt hat, gilt immer noch: Sein Lebensweg führt nach Jerusalem. Dort muss er, der Menschensohn vieles erleiden. Dort wird man ihn verwerfen.

Gültig bleibt auch sein Wort für die Jünger: ‚Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.‘
Das bleibt stehen: für ihn und für die Jünger aller Zeiten. Jesu Weg geht hinunter in den Alltag, er lässt sich auch von der drohenden Gefahr nicht beirren. Er bleibt die große Macht der leisen alltäglichen Liebe. Auch im Leiden und Sterben wird er die Liebe nicht verraten.

Diese Geschichte von der Verklärung erzählt Markus nicht, um zu zeigen, welche Schauspiele Gott imstande ist zu veranstalten, um die Jünger oder auch uns zu verzücken.

Er erzählt sie, weil uns trotz Ostern und Auferstehung, trotz der Verheißung ewigen Lebens und geschenkter Liebe Gottes das Wort vom alltäglichen Kreuztragen nur sehr schwer in Kopf und Herz geht. Aber der wirkliche Glaube spielt sich im Alltag ab, ganz realistisch: ohne Verklärung und ohne Stimme vom Himmel.

Er erzählt die Verklärungsgeschichte auch, damit wir die Sternstunden, die Gott uns schenkt, nicht vergessen; etwas vom Licht solcher Stunden sollten wir uns aufbewahren, um auch dann noch etwas davon zu haben, wenn die Dunkelheit beginnt und bestanden werden will. Wenn unsere großen Träume und Hoffnungen auch unerfüllt bleiben, sollen wir trotzdem mit Jesus und auf ihn hörend wissen, dass auch wir geliebte Söhne und Töchter Gottes sind.


P. Dr. Bernd Werle SVD