Bußandacht zur Fastenzeit


„Wir haben euch auf der Flöte (Hochzeitslieder) gespielt, aber ihr habt nicht getanzt“ (Mt 11, 15)

„Kehrt um und glaubt der Frohen Botschaft“ (Mk 1,15)


Die Abschnitte, die mit römischen Ziffern beginnen, können mit verteilten Rollen vorgetragen werden.


Zur Eröffnung: GL 358,1.4.6. „Ich will dich lieben, meine Stärke“

Fastenzeit ist Heilszeit
I Wir sind versammelt vor Gott. Er ist nicht auf Strafe aus, sondern auf Heilung. „Er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute, und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“ (Mt 5,45)

II Fastenzeit ist keine düstere Zeit, sondern Heilszeit: Es soll wieder etwas ins Lot kommen. Sie will dazu führen, dass ich mich wieder gut fühle, erleichtert bin, meinen Weg sehe und ihn im aufrechten Gang beschreiten kann.

III Fastenzeit ist Spiegelzeit, kein Trainings-Parcour für Fitness. Die Spiegel der Eitelkeit erblinden. Ich trete vor den Spiegel Wahrheit, meiner Wahrheit im Angesichte Gottes. Vor ihm liegt alles offen. Sein Blick ist wohlwollend und barmherzig. Ich bin ja sein Geschöpf.

GL 657,2 „Herr, du hast mich erforscht und du kennst mich.“ (Psalm 139)

Christliches Fasten weckt den Durst nach Leben
I Christliches Fasten duldet keine Heuchelei. Die Bergpredigt verlangt Diskretion: „Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler. Sie geben sich ein trübseliges Aussehen, damit die Leute merken, dass sie fasten. Amen, das sage ich euch: Sie haben ihren Lohn schon erhalten. Du aber salbe dein Haar, wenn du fastest, und wasche dein Gesicht, damit die Leute nicht merken, dass du fastest, sondern nur dein Vater, der das Verborgene sieht; und dein Vater, der das Verborgene sieht, wird es dir vergelten“ (Mt 6,16-18).

II Wer satt ist, gar mehr als satt, wer sich fast alles leisten kann, wird schnell müde und lustlos, ist in Gefahr, sich mit Triebbefriedigung zufrieden zu geben. Er verliert das Gespür, dass da eine Spannung im Leben ist, die über den Horizont aller Güter hinausgeht, ein Durst nach Leben und Glück, den keine Quelle dieses Lebens stillen kann. Im Fasten legen wir uns Entsagung auf, um diesen Durst wieder zu wecken.

III Christliches Fasten ist Heimkehr zu sich selbst, zum Ursprung und Ziel unseres Daseins. Gott „fastet“ mit. „Lasst euch mit Gott versöhnen“, bittet Paulus an Christi Statt (2Kor 5,20). Der Prophet Hosea spricht vom Verhältnis Gottes zu seinem Volk im Bild einer von Untreue belasteten ehelichen Beziehung: Ich will sie in die Wüste locken – wo sie nichts mehr hat, wo sie sie sich nicht mehr eitel selbstverwirklichen kann. Da will ich ihr zu Herzen reden (vgl. Hos 2,16).

Besinnung - kurze Zeit der Stille
- Was habe ich meinem Gott zu sagen, der um meine Liebe wirbt, der mich für sich wiedergewinnen will?
- Habe ich den Mut, mich ihm ganz zu öffnen?
- Bringe ich es fertig, meine Verfehlungen einzugestehen; ihm zu sagen, dass ich mit mir selbst nicht fertig werde?
- Wage ich ihn anzugehen: Du hast mich doch so geschaffen, wie ich bin. Jetzt hilf mir auch!
- Sind da noch Rechnungen gegenüber meinen Mitmenschen offen, die unbedingt beglichen werden müssen? Wenn das geschieht, kann ich alles von Gott erwarten.
- Nehme ich das Wort der Lossprechung ernst und kann ich mir selber verzeihen, wenn schwere Schuld mich drückt?

GL 8,6 „Gebet Charles de Foucould's“ (gemeinsam beten)

Fastenzeit ist Zeit der Befreiung, nicht Zeit der ungezügelten Selbstverwirklichung, sondern der Aufhebung des Bedrückt-Seins; Zeit, den aufrechten Gang wieder einzuüben, dankbar zu sein für die gewährte Würde, die mir niemand nehmen kann (nur ich selbst); Zeit der angstfreien Hilfsbereitschaft.

GL 664,6 „Wer im Schutz des Höchsten wohnt“ (Psalm 91)


Die Evangelien bringen die Frohe Botschaft Jesu von der Umkehr gleichnishaft in Verbindung mit der Aufforderung zum Tanz bei der Hochzeit. Seiner Melodie auf der Flöte sind leider nur wenige gefolgt: „Wir haben für euch auf der Flöte (Hochzeitslieder) gespielt, und ihr habt nicht getanzt“ (Mt 11,17).
Es ist kein oberflächliches Vergnügen. Jesus weiß auch um das Schwere im Leben. Wenn Trauer angesagt ist, trauert er mit und fordert zum Mittrauern auf. Aber auch da folgen ihm die Vielen nicht: „Wir haben Klagelieder gesungen, und ihr habt euch nicht an die Brust geschlagen“ (Mt 11,17).
Fastenzeit bedarf der Stille, um das Flötenspiel Jesu zu hören. Wer es dann vernimmt, der kehre um und tanze mit.

GL 140 „Kommt herbei, singt dem Herrn“

P. Gerd Birk SVD