Die Bienen

Die frühen Christen verharrten ihrer heidnischen Umwelt gegenüber in schroffer Ablehnung.

Die frühen Christen verharrten ihrer heidnischen Umwelt gegenüber in schroffer Ablehnung. Sie hielten alles, was das Heidentum hervorgebracht hatte, für verwerflich. Ihre Haltung war eine Art Notwehr. Sie spürten, dass sie Zeit brauchten für ihre Festigung im Glauben. Mit dieser Einstellung, die viele Jahrhunderte hindurch vorherrschend war, brach der Kirchenlehrer Basilius Ende des 4. Jahrhunderts. Er erkannte zum ersten Mal, dass in den Werken des Altertums Schätze an Weisheit verborgen liegen, aus denen ein Christ Nutzen ziehen kann. Aus dieser Einsicht heraus forderte er in einer Rede die Jünglinge auf: Sie sollten es mit der heidnischen Philosophie und Literatur halten wie die Bienen, die nur aus den Blumen holen, was für sie geeignet ist.

Diese Sichtweise leitete eine Wende ein. Sie gab den Anstoß, das, was das Heidentum hervorbrachte, positiver zu sehen. Das Christentum begann allmählich zu erkennen, dass es das Böse, das nicht auch einen guten Kern enthält, nicht gibt, ja dass im Heidentum Elemente stecken können, die menschlich, vielleicht sogar christlich sind, und Christen von Nicht-Christen lernen können. Es erkannte, dass es besser ist, in den heidnischen Werken - anstatt sie zu verteufeln - nach dem zu suchen, was man taufen kann. Das zu erkennen setzt allerdings eine Unterscheidungsfähigkeit vor-aus. Es ist ein Verdienst der mittelalterlichen Theologen, dass sie es fertig brachten, das Christentum mit dem Gedankengut der Antike zu befruchten. Die modernen Theologen, die oft hilflos zusehen, wie man christliches Gedankengut säkularisiert, sollten alles daran setzen, diese Kunst, wie man das Profane christianisiert und in das Christentum integriert, wieder zu erlernen.


P. Walter Rupp, SJ