Tourismus

Vielleicht wird unser Jahrhundert einmal als ein finsteres und rückständiges Zeitalter in die Geschichte eingehen

Das menschliche Gehirn verfügt nun einmal nicht über unbegrenzte Speicherkapazitäten und bringt nur einen Bruchteil an Eindrücken und Erlebnissen unter, die wir im Laufe unseres Lebens horten. Das Millionenheer von Reisenden, das prall gefüllt mit Eindrücken aus dem Urlaub heimkehrt, sollte sich deshalb nicht wundern, wenn es trotz hunderter von Dias nicht gelingt, herauszufinden, was man wo gesehen hat. 

Vielleicht wird unser Jahrhundert einmal als ein finsteres und rückständiges Zeitalter in die Geschichte eingehen, weil wir die Ureinwohner Indonesiens, Australiens oder Mexikos erst nach vielen Stunden in einem Flugzeug oder Bus erreichen konnten. Vielleicht wird man unsere Erlebniswelt einmal als sehr beschränkt ansehen und mitleidig feststellen, wir hätten an einem Tage kaum mehr als zwei Dutzend Dome, Kirchen oder Museen, kaum dreißig Städte, Schlösser oder Freigehege besuchen können. 

Vielleicht werden einmal spätere Generationen sogar verächtlich auf uns schauen, weil wir Berge, Wälder oder Seen noch nicht über den Ökosender auf den Bildschirm holen und religiöse Bedürfnisse noch nicht mit Hilfe elektronischer Medien befriedigen konnten; weil es weder Kunstkanäle noch TV-Fitnessprogramme gab, die den Besuch von Museen oder sportliche Betätigungen überflüssig machten. Oder werden spätere Generationen neidisch auf uns schauen, weil wir noch nicht jedes Ereignis auf den Bildschirm holen konnten und noch auf Reisen gehen, in die Natur aufbrechen und Museen oder Kirchen aufsuchen mussten, wenn wir etwas erleben wollten? Wir sollten jedenfalls nicht bedauern, dass wir noch immer gezwungen sind, den Kontakt zur Natur, zur Kunst und den Kontakt von Mensch zu Mensch zu pflegen. 


P. Walter Rupp, SJ