Die Welt

Die Welt ist nicht so wohlgeformt und rund, wie sie auf dem Globus erscheint, und weniger geordnet als die Satellitenbilder zeigen

Die Welt ist nicht so wohlgeformt und rund, wie sie auf dem Globus erscheint, und weniger geordnet als die Satellitenbilder zeigen. Die Erdoberfläche ist mit viel Geröll und Staub bedeckt. Sie hat ungezählte Beulen, Erhebungen und Spalten. Sie bewegt sich auch nicht immer. Häufig bleibt sie stehen, obwohl sie durch das Weltall rast, und immer dreht sie sich um sich. Auch der Mensch dreht sich ebenfalls immer nur um sich. Er, das aufrecht gehende Wesen, wie ihn die Paläontologen nennen, steht nicht so sicher auf den Beinen, wie er vortäuscht. Oft bewegt er sich nur schleppend fort, manchmal bringt ihn eine Kleinigkeit ins Stolpern. Nur selten schwankt er nicht, nur selten gelingt es ihm, geradeaus zu gehen. Hat er zu viele Promille an dummen Gedanken geschluckt, gerät er leicht ins Torkeln. Und wenn ihm jemand Vorteile verspricht, ist er sogar bereit, vor ihm zu kriechen. Angesichts dieser Mängel wäre es angebracht, unsere Welt, in der sich eine Panne an die andere reiht, als Fehlentwicklung zu bezeichnen und den Menschen, der, die Bezeichnung ‘Krone der Schöpfung‘ nicht verdient, als Wurmfortsatz der Evolution zu betrachten. 

Auch große Denker konnten sich nicht einig werden, wie die Welt und wie die Menschen zu bewerten sind. Gottfried Wilhelm Leibniz war der Ansicht, unsere Welt sei die beste aller Welten und nicht zu übertreffen. Arthur Schopenhauer vertrat das genaue Gegenteil. Er nannte unsere Welt die schlechteste aller Welten. Beide haben uns allerdings nicht erklärt, wie sie zu ihrer Auffassung gekommen sind. Man kann nur vermuten, warum Leibniz dem Schöpfer für sein Werk die Note sehr gut gab und Schopenhauer ihm ein vernichtendes Zeugnis ausstellte, weil der eine weltzugewandt und menschenfreundlich war, der andere eine misanthropische, menschenfeindliche Einstellung hatte. Es ist darum naheliegend, dass beide das Bild von der Außenwelt entwarfen, das ihrem Seelenzustand, ihrer optimistischen oder pessimistischen Weltsicht entsprach.

Nun, es steht außer Zweifel, dass die Welt und dass die Menschen Mängel haben. Wäre sie perfekt, wären die neue Erde und der neue Himmel, auf den sich die Menschheit zubewegt, überflüssig, - denn wir hätten ihn dann schon. Die Bibel stellt im Schöpfungsbericht nur fest: Und Gott sah, dass es (sein Werk) gut war. Sie lobt die Welt nicht als die beste aller Welten. Sie behauptet auch nicht, dass der Mensch der beste aller Menschen sei. Mit dieser Tatsache sollten wir uns abfinden und bemüht sein, die Mängel an ihr und an uns - soweit das möglich ist - zu mindern.


P. Walter Rupp, SJ