Erziehung

Kinder sollten sich ihre Freunde wählen dürfen.

Wenn ein Vater der Bruder oder Freund seines Sohnes sein möchte, dann versucht er etwas, was nicht möglich ist. Und wenn eine Mutter die Schwester oder Freundin ihrer Tochter sein will, dann wird das nicht gelingen. Das wäre ein Versuch, sich um seine Verantwortung, die man als Vater oder Mutter hat, zu drücken. Das wäre eine Einschränkung der Freiheit. Kinder sollten sich ihre Freunde wählen dürfen. Eltern sollten sich nicht dazwischen stellen, um ihre Kinder noch enger an sich zu binden. Väter sollen Väter und Mütter sollen Mütter sein, und ihren Kindern das Gefühl der Geborgenheit vermitteln. Sie haben genug damit zu tun, diese ihre Rolle auszufüllen.  

Es gab einst – wie mancher aus seiner Kindheit berichtet - Väter und Mütter, die es fertig brachten, jedem ihrer Kinder - auch wenn es vier oder sieben Kinder waren - das Gefühl mitzugeben, jedes dieser Kinder sei ihr Lieblingskind. Jedes habe etwas Besonderes an sich, was es besonders liebenswert macht. Und jedes der Kinder behielt das als Geheimnis für sich, um seine Geschwister nicht zu kränken. Diese Väter und Mütter scheinen auszusterben. Heute soll es Väter und Mütter geben, denen es nicht einmal gelingt, dem einen Kind, das sie als Wunschkind zeugten, dieses Gefühl zu schenken. 

Das ist das Wichtigste, was Eltern ihren Kindern mitgeben können: dass sie nicht bloß geduldet werden, nachdem sie nun einmal da sind, sondern dass man – trotz mancher Enttäuschungen, die sie bereiten - Ja zu ihnen sagt.


P. Walter Rupp, SJ