Glauben

Wir sagen häufig ‚glauben‘, wo wir ‚meinen‘ meinen, und meinen‘, wo wir ‘glauben‘ meinen.

Wir sagen häufig ‚glauben‘, wo wir ‚meinen‘ meinen, und meinen‘, wo wir ‘glauben‘ meinen. So verwischen wir den Unterschied und entwerten dieses Wort. Meinungen richten sich gewöhnlich nach der Mode, sie sind darum wankelmütig. Der Glaube sollte dagegen das Ergebnis ernsthaften Suchens sein, ein Fundament, auf dem man bauen kann. 

Meinungen werden allerdings in unserer Zeit überaus geschätzt: Es gibt Meinungsforschungs-Institute, die nichts anderes tun, als die verworrensten Gedanken einzusammeln und bekanntzumachen. Überzeugungsforschungs-Institute konnten sich noch nicht durchsetzen, weil sich für Überzeugungen kaum jemand interessiert.

Der Glaube der meisten besteht aus Halbwahrheiten, heidnischem und abergläubischem Gedankengut und Katechismus-Antworten, die sie in ihr Erwachsenenalter hinübergerettet haben. Er gleicht oft einer windigen Hütte, die auf schwankendem Boden steht. Das Motto, dass jeder nach seiner Fasson selig werden soll, hat viele dazu verführt, sich ihren Schrebergarten anzulegen, in dem sie die merkwürdigsten Gewächse züchten und sich berechtigt führen, ihren Hausgott aufzustellen.  

Viele Menschen glauben etwa nicht zu wenig, sondern viel zu viel, und vor allem viel zu unkritisch. Sie kommen nicht umhin zu lernen, wann Vertrauen und wann Misstrauen angebracht sind, und werden deshalb Opfer von Scharlatanen oder Rattenfängern.


P. Walter Rupp, SJ