Zweifel

Zweifel gelten bei den Gläubigen als Hindernis und als Bedrohung für den Glauben.

Die Menschheit wäre bis auf unsere Tage primitiv geblieben, hätte sie nicht immer wieder Skeptiker hervorgebracht. Der Fortschritt ist nur möglich, wenn einer den „umstürzlerischen“ Gedanken denkt: „Könnte es nicht auch anders sein?“ So wird das Weitersuchen angeregt. So werden neue Möglichkeiten aufgedeckt.

Es ist deshalb nicht einzusehen, weshalb Zweifeln verwerflich sein soll. Die Bibel jedenfalls berichtet, dass sogar der Prophet Johannes von der quälenden Frage bedrängt wurde, ob Jesus der sei, der kommen soll.

Jeder Gläubige hat das Recht zu zweifeln. In einer nicht-heilen Welt, in der es Irrtum und Lüge gibt, kann man mit naiver Vertrauensseligkeit nicht bestehen. In einer solchen Welt muss er, um zur Wahrheit und zu größerer Klarheit vorzudringen, skeptisch sein. Der Apostel Paulus zögerte nicht, den ungeheuerlichen Gedanken durchzudenken: Was wäre, wenn Christus nicht auferstanden wäre, und wir auf falsche Zeugen setzten? Dann wäre alles – fügt er hinzu - nichtig.

Zweifel gelten bei den Gläubigen als Hindernis und als Bedrohung für den Glauben. Dabei könnten sie hilfreich sein und dazu beitragen, den Glauben zu vertiefen, wenn man sie ernst nimmt, sich mit ihnen auseinandersetzt, und ihren Einwänden so lange nachspürt, bis man eine befriedigende Antwort gefunden hat. Bei den Nicht-Gläubigen gelten die Zweifel weithin als Argumente, die den Glauben widerlegen. Wenn es ihnen um die Wahrheit geht, müssen auch sie bereit sein, ihre Einwände zu hinterfragen und an ihren Zweifeln zu zweifeln.


P. Walter Rupp, SJ