Atheisten

Mancher steht im Ruf, ein Atheist zu sein, nur weil er unbequeme Fragen stellt, Zweifel äußert, den Theologen widerspricht,...

Mancher steht im Ruf, ein Atheist zu sein, nur weil er unbequeme Fragen stellt, Zweifel äußert, den Theologen widerspricht, über fragwürdige Frömmigkeitsformen spottet, sich an naiven Gottesbildern reibt oder den Lehr-sätzen von Katechismen misstraut. 

Sokrates ist ein Beispiel dafür, wie leicht jemand in den Verdacht der Gottlosigkeit geraten kann. Er musste den Schierlingsbecher nehmen, weil er klargestellt hatte, dass die Sonne ein Feuerball ist und kein göttliches Wesen. Die ersten Christen wurden der Gottlosigkeit bezichtigt, weil sie keinen darstellbaren Gott verehrten. Und Heinrich Heine brachte sich selbst in den Verdacht, ein Atheist zu sein, nachdem er im Übermut geschrieben hatte: "Hört Ihr das Glöckchen klingen? Kniet nieder – man bringt die Sakramente einem sterbenden Gott", obwohl er bereits bei der zweiten Auflage seines Buches im Vorwort vermerkte: "Ich bekenne unumwunden, dass alles, was namentlich auf die große Gottesfrage Bezug hat, ebenso falsch wie unbesonnen ist." Und er fügte hinzu: "Gott wird mir die Torheiten, die ich gegen ihn vorgebracht habe, verzeihen."

Und Jean Paul Sartre, der weithin als Atheist gilt, schrieb am Ende seines Lebens: "Ich glaube, dass Gott das Werk, das er mit einem Menschen angefangen hat, auch vollenden wird, ... dass die Geschichte Gottes mit unserem Leben nach unserem Tod weitergehen wird." So äußert sich kein Atheist. Diese Sätze machen deutlich, dass nicht selten einer, den man den Ungläubigen zurechnet, doch gläubig ist.


P. Walter Rupp, SJ