Gerontologen

Man sollte den Alten ein paar Eigenheiten lassen, auch einige Fehler zu- gestehen

Die Eigenschaften, die nach Meinung der Gerontologen für das Alter charakteristisch sind: Geiz, Starrsinn, Misstrauen und Geschwätzigkeit, gelten als negative Eigenschaften und sind es, wenn man unter Geiz das krampfhafte Festhalten an seinen Habseligkeiten versteht; wenn man Starrsinn mit Sturheit, Misstrauen mit der Unfähigkeit zu vertrauen gleichsetzt und das Mitteilungsbedürfnis in Geschwätzigkeit ausartet.

Aber dieselben Eigenschaften können auch so beschaffen sein, dass es gegen sie nichts einzuwenden gibt: gegen den Geiz, der die kostbaren Zeit zusammenhält und sparsam mit ihr umgeht. Gegen einen Starrsinn, der an den Werten, die man nie aufgeben sollte, wie Humanität, Wahrhaftigkeit und Treue, unbeirrt festhält. Und gegen diese Art von Misstrauen, das man als vorsichtiges und kritisches Abwarten bezeichnen sollte, und unentbehrlich ist, weil man sich nur so vor Scharlatanen und Betrügern schützen kann. Ja, Geschwätzigkeit ist lästig, aber oft werden Gespräche, die eigentlich amüsante Plaudereien sind, nur weil man sich für die Geschichten aus der Vergangenheit nicht interessiert, als Geschwätz abgetan.

Man sollte den Alten ein paar Eigenheiten lassen, auch einige Fehler zu- gestehen und darüber hinweg sehen, wenn sie sich trotz ihres Alters nicht die Reife und die Weisheit angeeignet haben, die man an ihnen sehen möchte. Die Alten legen sich im Alter meist keine neuen Eigenschaften zu. Sie legen nur die Eigenarten und Charakterzüge, die sie immer an sich hatten, im Alter oft nicht ab.


P. Walter Rupp, SJ