Nachrichten

Als Nachrichten-Hörer habe ich häufig den Eindruck, ich wäre einem Platzregen ausgesetzt,

Als Nachrichten-Hörer habe ich häufig den Eindruck, ich wäre einem Platzregen ausgesetzt, ja oft sogar, ich wäre in einen Raketenbeschuss geraten. Was da auf die Hörer niederprasselt, löst Angst und Schrecken aus: dass 50 Millionen Kinder hungern; dass die Weltbevölkerung in naher Zukunft von Wasserknappheit bedroht sei; dass ein Amokläufer einen Spaziergänger lebensgefährlich verletzte; dass im Mittelmeer wieder ein Flüchtlingsboot kenterte, dass Schlepper neue Routen suchen; dass die Luftverschmutzung, der Meeresspiegel, ein tödlicher Virus, dass, dass, dass... 

Ich höre es und kann mich darüber nicht erregen, und über die hungernden Kinder, über die von Wasserknappheit bedrohten Länder oder die Ertrunkenen nicht weinen. Wahrscheinlich hat auch der Sprecher, ehe er seine Nachrichten verliest, nicht geweint. Es ist zu viel auf einmal. Ein Satz folgt ohne Pause einem anderen. Zu viel stumpft ab. Wer zu viele Verwundete und zu viele Leichen sieht, kann nichts mehr empfinden. Da machen die Gefühle nicht mehr mit. Man hofft nur noch, heil davonzukommen

Warum will man in möglichst kurzer Zeit so viel auf einmal berichten? Ich muss nicht erfahren, wie viel weniger das Oktoberfest besuchten oder dass der Dax fällt. Ich empfände es nicht als Informationsdefizit, wenn ich nicht wüsste, welchem Unternehmen man Strafzahlungen auferlegte und nicht erfahren würde, welcher Sportler seinen Rekord überbieten konnte, und welcher Promi sich wieder scheiden ließ. Hastig verschluckte Nachrichten bereiten Verdauungsschwierigkeiten im Gehirn und Blähungen im Magen.


P. Walter Rupp, SJ