Gotteserkenntnis

In den vergangenen Jahrhunderten kamen die Christen ausschließlich aus christlichen Familien,

Auch die Christenheit vermehrt sich nach den Mendel‘schen Gesetzen. Die Kinder frommer Eltern werden gewöhnlich halb Heide und halb Christ, und deren Kinder meist volle Heiden. Aber aus diesen Neuheiden gehen oft Kinder hervor, die keine Heiden mehr sein wollen und sich wieder für den Glauben interessieren. Deren Kinder werden dann wieder Christen, und zeigen oft einen Hang zur Frömmelei und zum Pietismus. 

In den vergangenen Jahrhunderten kamen die Christen ausschließlich aus christlichen Familien, die wiederum aus christlichen Familien gekommen waren. Sie wurden Christen nicht durch Bekehrung, sondern weil die Umwelt christlich war. Sie mussten den Glauben nicht erwerben, sie konnten ihn ererben. Und die Atheisten der Vergangenheit kamen häufig aus bigotten Familien, aus Klosterschulen und Pastorenhäusern. Sie wurden oft Atheisten, nicht weil sie etwas gegen den Glauben, sondern weil sie etwas gegen die Frömmigkeitsformen der 'Frommen' einzuwenden hatten. 

Heute kommt es nicht selten vor, dass Jugendliche, die in einem religiösen Milieu aufwachsen, für den Glauben nicht gewonnen werden können, und Jugendliche, die eine areligiöse, ja sogar eine glaubensfeindliche Umwelt erfahren haben, den Glauben annehmen, weil sie die Gottferne ihrer Umwelt nicht mehr ertragen.


P. Walter Rupp, SJ