Hochfest der Apostel Peter und Paul

Predigtimpuls

Versagt und doch berufen

1. Lesung: Apg 12,1-11
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: 2Tim 4,6-8.17-18
Evangelium: Mt 16,13-19
Zum Kantilieren des Evangeliums: www.stuerber.de

1. Probezeit nicht bestanden? 

Wenn Petrus heute leben würde, bekäme er kaum eine Anstellung. Er würde spätestens nach der Probezeit ausgestellt mit der Bemerkung: Probezeit nicht bestanden; und mit solchen Papieren kann man wohl nirgendwo mehr ankommen, jedenfalls nicht in eine gehobene Stellung gelangen. 

Was hatte er denn angestellt? Mindestens einmal musste sein Herr und Meister ihn zurechtweisen mit dem sehr harten Wort: „Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Du willst mich zu Fall bringen, denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen“ (Mt 16,23). Schärfer kann ein Tadel, eine Zurechtweisung kaum ausfallen. Obschon der Herr kurz vorher noch gesagt hatte: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen …“ (Mt 16, Í8), so musste er ihm jetzt, nachdem Petrus ihn vom Leiden und Sterben abhalten wollte, sagen: Du hast nichts verstanden! Aber das war noch nicht das Schlimmste. Der schwerste „Kündigungsgrund“ war das Versagen in entscheidender Stunde. Zwar schlug Petrus im Garten Getsemani noch mutig mit dem Schwert drein ebenso ein Beweis, dass er den Herrn nicht verstanden hatte -, aber dann kam die Flucht wie bei allen anderen. Es zog ihn zwar wieder hin zum Herrn – in den Vorhof des Hohen Priesters -, aber in der Konfrontation, d. h. in der Aufforderung zum Bekenntnis, versagte er kläglich; nicht nur billige Ausrede, sondern „er fing an, sich zu verfluchen und schwor: Ich kenne diesen Menschen nicht“ (Mt 26, 74). Einen solchen Versager kann man doch nicht einstellen – oder behalten, dazu noch für eine leitende Stellung, würde man heute sagen. Sicher, „er ging dann hinaus und weinte bitterlich“ (V. 75). Nach heutiger Einstellung: Leider zu spät, ist schon passiert! Und diesen Petrus macht Jesus zu seinem Stellvertreter. Was sind das für Maßstäbe? Offensichtlich andere. 


2. Jesu Maßstab 

Den Maßstab oder das Kriterium, das Jesus anlegt für die Einstellung, ja sogar für die Übertragung des höchsten Führungsamtes, erfahren wir aus dem letzten Kapitel des Johannes-Evangeliums (Evangelium der Vorabendmesse). Erzählt wird die dritte Erscheinung Jesu vor den Jüngern nach der Auferstehung, die vor allem dem Petrus galt. Dreimal stellt Jesus die Bedingungsfrage: „Liebst du mich?“ Uns mag es verwundern, dass Jesus dreimal fragt. Wir würden uns persönlich vielleicht schon beleidigt fühlen. Aber im Orient war eine Zusage erst rechtskräftig, wenn sie drei¬ mal gemacht worden war. – Man mag auch an dieser Stelle an die Verleugnung des Petrus denken und an das Wort des Herrn, das er zu Petrus sagte: „Noch ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen“ (Mt 26,34). Es kann auch sein, dass der Gedanke daran den Petrus traurig macht. Viel wichtiger scheint mir aber, wenn man in den griechischen Text schaut, die Herausforderung Jesu. Er fragt Petrus beim ersten und zweiten Male nach der höchsten Stufe der Liebe (ágapas me), der Agape; Petrus antwortet aber jedes Mal mit philein (philo se), d. h. ich liebe dich wie ein oder als guter Freund. Interpretierend könnten wir sagen: Ja, ich liebe dich als guter Freund, zu mehr bin ich nicht fähig – oder nicht würdig Daraufhin fragt Jesus den Petrus beim dritten Male nicht mehr mit ágapas me, sondern mit philein, liebst du mich als guter Freund? Das kann Petrus voll, d. h. zum dritten Male, bejahen. 

Was ist hier passiert? Als Petrus sich nicht in der Lage sieht, der höchsten Anforderung des Herrn zu entsprechen, steigt der Herr zu Petrus hinab, holt ihn also gewissermaßen dort ab, wo er steht und führt ihn zur höchsten Stufe, wenn wir an die vielen Zeugnisse denken, die Petrus in seinem Leben später für Jesus und seine Botschaft abgelegt hat bis zum Martyrium im fernen Rom.

3. Die Liebe ist entscheidend 

Das Beispiel des Petrus ist exemplarisch. Im Laufe der Geschichte hat es viele gegeben, die wie Petrus sich nicht zutrauten, dem Herrn zu folgen. Der hl. Paulus, dessen Fest wir ja heute auch feiern, ist sogar ein Beispiel dafür, dass jemand sich geradezu widersetzt, aber der Herr holt ihn dennoch ab und macht ihn zum „auserwählten Werkzeug“, so dass er Jesu „Namen vor Völker und Könige und vor die Söhne Israels tragen“ konnte (Apg 9,15). 

Arnold Janssen ist so ein Beispiel, um aus der jüngsten Kirchengeschichte stellvertretend für viele andere einen Namen zu nennen. Er war der Überzeugung, dass im Deutschland des vorigen Jahrhunderts ein Missionswerk gegründet werden müsste. Er dachte nicht an sich selbst als Gründer, und als andere ihm das sagten, hielt er sich für nicht dazu berufen. Als er dann aber die Berufung spürte, meinten Außenstehende, dass er nicht dazu fähig sei. Arnold Janssen ließ sich aber von der Liebe Gottes ergreifen und baute im festen Vertrauen auf Gott das Steyler Missionswerk. Ebenso kann man hier die jüngst selig gesprochene Mitgründerin der Steyler Missionsschwestern, Helena Stollenwerk, nennen. Sie kam als einfaches Bauernmädchen nach Steyl, niemand hätte ihr eine Ordensgründung zugetraut, am wenigsten sie selbst. Aber das war es: Als sie sich von der Liebe Gottes ergreifen ließ, fand sie ihren Weg. Doch das gilt nicht nur für Ordensgründerinnen und Ordensgründer. Das gilt von einem jeden von uns. Wer zu Jesus ehrlich sagt, wo er steht und den Wunsch äußert, von Jesus abgeholt zu werden, zu dem steigt Jesus hinab, nimmt ihn bei der Hand und führt ihn zur höchsten Stufe der Liebe. Worauf es ankommt ist also, sich einzulassen auf Jesus und sich von ihm führen zu lassen wie Petrus und Paulus! 

 

P. Ferdinand Demes SVD - [Anmerkung der Redaktion: Die von P. Demes verfasste Predigt wurde bereits veröffentlicht in: DIE ANREGUNG, Nettetal 1995; S. 241-242]