Apostel Peter und Paul (H)

Predigtimpuls

Vor Gott ehrlich und wahrhaftig leben

1. Lesung: Apg 12,1-11
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: 2 Tim 4,6-8.17-18
Evangelium: Mt 16,13-19
Zum Kantillieren des Evangeliums: www.stuerber.de

Männer und Frauen, die berühmt sind, werden von vielen von uns verehrt, ja manches Mal auch richtig „vergöttert“ und „angebetet“. Denken wir nur an die vielen Filmstars aus Hollywood oder die Helden der Bundesliga. Was für ein Hype, wenn Angelina Jolie zur Berlinale nach Berlin kommt, oder Jonas Hector Fußballer des Jahres werden sollte. Wir lieben sie zu Recht, diese Stars und Helden, für ihre Talente und Fähigkeiten und für manch einen sind sie uns darin ein Vorbild. Bei all der Begeisterung für ihr schauspielerisches Talent oder ihre sportlichen Leistungen vergessen wir dann aber doch allzu schnell, dass sie auch nur Menschen aus Fleisch und Blut sind. Menschen also, die auch ihre Fehler und Schwächen haben. 

Bei den Frauen und Männern, von denen uns in der Bibel berichtet wird oder die wir in der Kirche als Heilige verehren, ist das nicht wesentlich anders. Auch nicht bei so großen Männern wie Petrus und Paulus, deren Festtag wir heute begehen. Wenn die Liturgie uns dazu einlädt, ihre großen Taten, ihren Glauben und ihre Liebe in der Nachfolge Christi würdevoll und festlich zu bedenken, dann dürfen wir diese Einladung heute gerne annehmen. Wir sollten allerdings nicht vergessen, dass auch sie letztlich nur Menschen aus Fleisch und Blut waren. Denn nur dann können wir ihr Leben, mit allem was es ausgemacht hat, als eine Inspiration für unser heutiges Christsein erfahren. 

Schauen wir also einmal auf Petrus, diesen einfachen Mann aus Galiläa. Ein verheirateter Fischer war er und sicherlich nicht besonders gebildet. Aber mutig schon und bereit, diesem Jesus und seiner Botschaft Glauben zu schenken. Aufgrund seines Vertrauens zu Jesus glaubte Petrus, übers Wasser gehen zu können, und war sogar bereit, für seinen Herrn und Meister zu sterben. Aber aus der Bibel wissen wir auch, dass ihm beides nicht so recht gelang. Über den einen oder anderen Schritt auf dem Wasser kam er tatsächlich nicht hinaus und drohte zu ertrinken. Und mit seiner Bereitschaft, für Jesus sterben zu wollen, war es auch nicht weit her. Sie endete schon im Vorhof des hohepriesterlichen Palastes, wo Petrus gleich dreimal leugnete, ein Freund Jesu zu sein. Nicht gerade viel Beeindruckendes, was wir da über Petrus lesen, und ich staune, wie offen und ehrlich die Bibel das alles beschreibt. Im Gegensatz zu manchen Biografien über Promis unserer Tage beschönigt sie nichts. Und doch nennt Jesus diesen Petrus einen Fels und macht ihn zum Sprecher und Anführer der übrigen Apostel. Offenbar waren die menschlichen Schwächen seines Freundes Petrus für Jesus kein Grund, die Beziehung mit ihm zu beenden. Das Einzige, was er vom ersten Papst wissen wollte, ist eine ehrliche Antwort auf die Frage: „Liebst du mich?“ Erst langsam und mit vielen missglückten Versuchen gelang es Petrus, Jesus diese Liebe zu schenken, ihm treu zu bleiben und am Ende seines Lebens tatsächlich für ihn zu sterben. 

Nicht viel anders verhält es sich mit Paulus, einem gelernten Zelttuchweber und frommen Juden. Aus tiefster Überzeugung bekämpfte und verfolgte er als Saulus die Freunde Jesu, deren Gruppierung er als eine Sekte ansah und deren Glauben er für eine Bedrohung für das Volk hielt. Auf sein Konto geht der Tod des Stephanus. Das hohe Ross, von dem er bei seiner Bekehrung fiel, können wir sehr wohl als eine Metapher seines überheblichen Stolzes sehen und seine zeitweise Erblindung als ein Bild seines blinden Fanatismus in Sachen Religion, so wie er uns auch heute noch begegnet. Aber genau diese Leidenschaft benutzt Gott, um aus dem Christenverfolger Saulus einen Völkerapostel Paulus zu machen, der sich nicht zu schade war, das Evangelium bis an die Grenzen der damaligen Welt zu tragen. 

Petrus und Paulus: menschlich gesehen waren es erst einmal keine herausragende Persönlichkeiten. Eigentlich nur Menschen wie du und ich. Heil und heilig sind sie allein deshalb geworden, weil sie genau das anerkennen konnten und trotzdem oder gerade deswegen an Gott festhielten. Im Laufe ihres Lebens lernten sie, zu ihrer Schwäche zu stehen, bitterlich über ihre Fehler und ihr Versagen weinen zu können oder sich öffentlich vor anderen als „Missgeburt“ zu bezeichnen. Trotzdem wussten sie sich von Gott geliebt und gerufen. 

Wenn wir diese beiden Apostel heute feiern, dann deshalb, weil wir an ihrem Leben für uns ablesen können, wie das geht: die eigene, persönliche Schwäche als einen Teil meiner Liebesgeschichte mit Gott anzuerkennen. Als Christ brauche ich mich nicht zu verbiegen, mich nicht glaubensstärker zu zeigen, als ich in Wirklichkeit bin. Von Petrus und Paulus können wir lernen, vor Gott ehrlich und wahrhaftig zu sein; lieber Schwäche zu zeigen, als ihm und den Mitmenschen falsche Stärke vorzutäuschen. Sehr schön hat es der französische Religionsphilosoph Blaise Pascal einmal auf den Punkt gebracht, wenn er schreibt: „Es ist nicht auszudenken, was Gott aus den Bruchstücken unseres Lebens machen kann, wenn wir sie ihm ganz überlassen.“


P. Norbert Cuypers SVD