Die Menschen unserer Zeit

Der weise Mensch weiß, dass die Sprache allein nicht ausreicht, die tieferen Einsichten zu vermitteln.

… kennen Nachrichten, Interviews, Kommentare, Features, Essays oder Leitartikel. Mit Mythen, Fabeln, Märchen, Parabeln oder Rätselreden wissen sie kaum etwas anzufangen. Sie tun sich schwer, den darin verborgenen Wahrheitsgehalt herauszuholen und zu deuten. 

Der weise Mensch weiß, dass die Sprache allein nicht ausreicht, die tieferen Einsichten zu vermitteln. Die Sprache der Dichter und der Theologen ist darum weithin metaphorisch: Sie greifen zu Bildern, Analogien und Vergleichen, weil Aussagen über die Wirklichkeit, von der sie sprechen, immer richtig und zugleich nicht richtig sind, weil sich diese Wirklichkeit immer nur umrisshaft beschreiben lässt. 

Die Gleichnisse, die Jesus von Nazareth erzählte, sind nicht nur ein literarisch-historisches Dokument aus einer weit zurückliegenden Zeit. Mancher hat den Eindruck, darin sei von einer Welt die Rede, die es schon lange nicht mehr gibt, und von Fragen, die nicht seine Fragen sind. Der Sinn bleibt ihm oft verborgen. 

Gleichnisse sind eine anspruchsvolle und unaufdringliche Form der Belehrung. Sie vermitteln Einsichten, die jeden Menschen jeder Zeit angehen und fordern zum Mitdenken und Urteilen heraus. Er soll erkennen - und manchmal auch erschrecken, dass von ihm die Rede ist: Er ist mit dem Selbstgerechten, dem Fragenden oder dem gleichgültig Vorübergehenden gemeint. Sie wollen betroffen machen und jeden zur Einsicht bringen, dass er weise und klug handelt, und seine Verantwortung vor Gott bedenkt.


P. Walter Rupp, SJ