Das erste Weihnachtsfest

Adventskalender

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Schon beim ersten Weihnachtsfest ging es allerorten hektisch zu. Niemand nahm sich Zeit für die Beschaulichkeit. Die Schriftgelehrten und Pharisäer in Jerusalem waren damit beschäftigt, Maßnahmen gegen die Massenbewegung zu treffen, die der Bußprediger am Jordan ausgelöst hatte. Die Hirten auf den Feldern von Bethlehem hatten Mühe, ihre Schafe, die unruhig geworden waren, zusammenzuhalten. An allen Orten hatte die römische Provinzbehörde Registrier-Stationen errichten lassen, vor denen jeder Bewohner seinen Stammbaum nachzuweisen hatte. Die Leute in der ganzen römischen Provinz machten sich seit dem Erlass des Kaisers Sorgen um die Papiere, die sie für den Eintrag in die Steuerlisten brauchten. Als dann am Himmel ein Komet erschien und seine Kreise zog, wurde die Nervosität unerträglich. Jeder wollte wissen, was das zu bedeuten habe. Im Volk hielt sich hartnäckig das Gerücht: der Komet, der über Bethlehem stehen geblieben sei, deute mit seinem Schweif auf einen abgelegenen Stall. Die Astrologen am Hof des Herodes sahen sich deshalb veranlasst, im ganzen Land bekannt zu geben, ihren Berechnungen zufolge stehe der Komet genau über Jerusalem und zeige mit seinem Schweif auf den Palast des Königs. Das sei ein Beweis dafür, dass die Vorsehung mit ihm ist. 

König Herodes war am Morgen des 24. Dezember besonders stark erregt Er hatte den Kommandanten seiner Leibwache kommen lassen, um ihm zu sagen, dass er ein neues Zeitalter mit einer neuen Zeitrechnung einführen werde, das mit dem Jahr Null beginnen soll. Dies sei eine Entscheidung von einer historischen Dimension. So werde der davidschen Herrschaft für immer ein Ende gesetzt, und die herodianische Herrschaft für immer gesichert. Im Zuge dieser Neuordnung ordne er an, dass alle Knaben, die das zweite Lebensjahr noch nicht erreichten, noch heute getötet werden müssen. Bis zum Abend des 24. Dezember dürfe in seinem Herrschaftsgebiet kein neugeborener Knabe mehr am Leben sein. Ein weitschauender und verantwortungsbewusster Staatsmann müsse nun einmal das Wohl des Staates über die Interessen der Familien stellen. 

Dieser Befehl sei, fügte er hinzu, als er merkte, dass der Kommandant erschrak, ein ehrenvoller Auftrag, den er nur dem anvertraue, auf den er sich verlassen könne. Es sei leider unvermeidbar, dass man sich damit bei allen Müttern des Landes verhasst mache. Man müsse auch damit rechnen, dass mancher Soldat, der auf dem Schlachtfeld ohne zaudern töten konnte, beim Anblick weinender Mütter weich werde. Er erwarte jedoch von seinen Soldaten, die ihm den Treueid geschworen haben, dass sie diesen Befehl widerspruchslos ausführen, und sich von Sentimentalitäten nicht beirren lassen. Auch er empfinde mit den Müttern seines Landes mit, die durch diese Maßnahme ein Kind verlieren, er sei schließlich kein Unmensch. Aber er dürfe im Interesse seiner Untertanen nicht zulassen, dass irgendwann einmal ein Spross aus dem Hause Davids wieder die Herrschaft an sich reißt. Dann sagte er, bevor er den Kommandanten entließ, in einem Ton, der keinen Widerspruch zulässt: „Kein Knabe darf überleben, nicht ein einziger. Die Panne, wie sie Pharao erlebte, dass ausgerechnet Moses überlebt, darf nicht noch einmal passieren!“

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Was dachten seine Jünger, als er sagte: 
Gehet in alle Welt und verkündet, was ich euch geboten habe!“ 

- Müssen wir es mit seinen oder dürfen wir es auch mit unseren Worten tun?


P. Walter Rupp, SJ