Verschiedene Wege zum gleichen Heil?

23. Nov 2006

Die christliche Überzeugung vom universalen Heilswillen Gottes wurde im Lauf der Geschichte unterschiedlich verstanden - mit großen praktischen Wirkungen.

Darum ging es im Vortrag zum Thema "Christentum und andere Religionen als Heilswege" von P. Jakob Mitterhöfer SVD in der "St. Gabrieler Vortragsreihe", an dem am 21. November etwa 100 Personen teilnahmen.

Die Geschichte stand im Vordergrund in diesem Vortrag. P. Mitterhöfer fing mit seiner eigenen Biografie an und erinnerte sich an die Zeiten vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil, wie die "Heiden" vorgestellt wurden: als an sich gute Menschen, aber mit dem Defizit, Christus und das Heil der Menschen eben in ihren Religionen nicht erkannt zu haben.

Am Anfang der Geschichte des Christentums steht die Erfahrung, dass in Jesus Christus für die Menschheit das Heil zugänglich ist. Inmitten aller Religionen der damaligen Zeit wurde das Christentum zum "Weg", auf den die Christen andere Menschen einluden. Dieser Weg verband sich immer mehr mit der Kultur und Organisationsweise des gesamten öffentlichen Lebens. Als das Christentum zur Staatsreligion wurde, mussten die alten und neuen Bürger des Reiches auch diesen Heilsweg übernehmen - nicht mehr freiwillige Annahme, sondern Zwangsbekehrung. Die Folgen waren weitreichend: Kreuzzüge und Gewalt, Conquista und Eroberungen wurden immer auch mit der Notwendigkeit begründet, die Heiden zum Heil führen zu wollen.  

Andererseits suchten Theologen aller Jahrhunderte nach anderen Weisen, den Heilswillen Gottes zu verstehen: der Heilige Franz von Assisi schrieb als erster den Missionsauftrag in Demut, Freundlichkeit und Gastfreundschaft in die Regel seines Ordens, Ramon Llull und Petrus Abaelard träumten in philosophischen Dialogen und Untersuchungen von einer Begegnung der Religionen in Weisheit und Erleuchtung, Nikolaus von Kues verlagerte seine Darstellung des Problems in den Himmel zu Gott und den Engeln.

Die Kirche bezog zu den anderen Religionen verschiedene Positionen: Die Religionen sind menschliche Versuche, sich Zugang zu Gott verschaffen, aber Gott ist unzugänglich und kann nur erreicht werden über den Weg Christi, weil Gott selber so auf die Menschen zugegangen ist. Daher haben die anderen Religionen keine Heilsmöglichkeit (Exklusivismus). Eine andere Verstehensweise erkennt in den anderen Religionen Elemente der göttlichen Offenbarung an, die aber in reiner und vollkommener Form im Christentum gegenwärtig sind (Inklusivismus).  

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und unserer Gegenwart versuchen nun viele Theologen, die anderen Religionen als richtige und legitime Wege zum Heil, das immer nur von Gott kommen kann, zu verstehen. Daraus wurden verschiedene Darstellungen einer "pluralistischen Theologie der Religionen", die sich in manchen Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils niederschlug. Dabei geht es immer um die Stellung, die Jesus Christus für das Heil der Menschen in ihren Religionen spielt.

Für einen positiven Zugang zu den anderen Menschen und ihren Religionen ist es wichtig, das eigene Gedächtnis und die Sprache zu reinigen, schloss P. Mitterhöfer seinen Vortrag ab: die Rede vom "alten" Testament oder von den "Heiden" hilft nicht, den Heilswillen Gottes diesen Menschen gegenüber zu verstehen. Der Dialog, um den es in der ganzen Vortragsreihe geht, spielt eine zentrale Rolle, um der konkreten Weise des Heils auf die Spur zu kommen, wie sie sich in den Religionen und im Christentum ausdrückt.

P. Christian Tauchner SVD, Elke Grafl