Hl. Karl Lwanga und seine Gefährten

Predigtimpuls

Christen widersetz(t)en sich

Lesung: 2 Makk 7,1-2.7a.9-14
Evangelium: Mt 5,1-12a

Vorbemerkung:

Dutzende von ugandischen Christen, sowohl Anglikaner wie Katholiken, sind vom König Mweng von Buganda ermordet worden, weil sie seinen homosexuellen und pädophilen Begierden und Ansprüchen nicht statt gaben. Dies war der ausschlaggebenden Hauptgrund für das Martyrium von Karl Lwanga und seinen Gefährten.

Predigtimpuls

Da in allen drei Zweigen der abrahamitischen Religionen, Judentum, Christentum, Islam, die sog. Homoerotik verdammt bzw. verpönt war, finden wir bis in die Neuzeit nur wenige Beispiele herausragender Gläubigen, denen die Begegnung mit Homosexuellen, Päderasten bzw. Pädophilen, zum leidvollen Schicksal geworden ist. In der kaiserlichen römischen Armee ließ man sich von der homosexuellen Liebschaft Kaiser Hadrians zu seinem jungen Idol Antinoos nicht sehr beeindrucken. Barttragen blieb weiterhin verboten, und vor allem bei höheren Offizieren legte man Wert auf standesgemäße Ehen. Und bei bärtigen Germanen- oder Araber-Kriegern stand Homosexualität noch weniger in Ehren als bei den nach barbarischem Denken verweichlichten spätantiken Römern, Byzantinern und Persern. Die christlichen Kirchen bestanden auf der vom göttlichen Schöpfer verfügten natürlichen Ordnung der Fortpflanzung des Menschengeschlechts und bekämpften alle dualistische Abwertung von Leiblichkeit und Geschlechtlichkeit, die in platonischem, gnostischem oder manichäischem Gewand daherkam. Es ging dabei auch um Abwehr homoerotischer Tendenzen, die man bei Dualisten vermutete.

Seit dem Ausklang des Mittelalters begegnete man Künstlern sowie hochgestellten Personen, die dem Verdacht der Homoerotik verfielen, bei aller offiziellen Ächtung dieser Vorliebe, mit erstaunlicher, wenngleich verlegener, Toleranz, solange sie sich nicht frech damit brüsteten - wie z.B. Oscar Wilde gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Siegmund Freud verwies auf die ausschlaggebende Rolle unbewusster Triebe, besonders der Libido, im Menschen. Ihm erschien Homosexualität als menschliche Pathologie. Homosexualität bei Tieren blieb unberücksichtigt.

Freuds Psychoanalyse forderte schon bald andere Ansätze zur Psychotherapie heraus, sowohl in Europa wie in Amerika. Seit einem Referendum unter U.S.-amerikanischen Psychiatern vor vier Jahrzehnten tendiert man in dieser Berufsgruppe und weit darüber hinaus dahin, dass man Homosexualität nur noch als sexuelles Minderheitsverhalten wertet. Diese Sichtweise hat in westlichen Ländern zu gesetzlichen Neuformulierungen geführt, die Homoerotik unter Berufung auf die Menschenrechtserklärungen gegenüber heterosexueller Ehe bzw. Paarung aufwertet oder sie ihr gleichstellt. Dagegen sind sich alle konservativen jüdischen, kirchlichen und muslimischen Kreise und Organisationen einig, dass solche Gleichbewertung der natürlichen Schöpfungsordnung widerstreitet. Auch buddhistische Disziplin erkennt darin kein Ideal.

Die Diskussion um die Missbrauchsskandale hat den Unterschied zwischen Homoerotik Erwachsener und aller Pädophilie als unreifer regressiver Form von Libido hervorgehoben. Es geht beim Gedächtnis der ugandischen Märtyrer nicht darum, moraltheologische Bewertungen abzuwägen. Gegenüber allem tief sitzenden Tabuverhalten seit der Renaissance und im katholischen Bereich seit der Gegenreformation darf man allerdings darauf verweisen, dass mit dem Verschleiern von sexueller Problematik auf Dauer nichts gewonnen ist, sondern dass nur ehrliches Bestreben um, wie auch immer diskrete, Transparenz Individuen behilflich sein kann.

Westliche Sexualforschung ist in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu dem Ergebnis gekommen, was inzwischen auch kirchlicherseits weniger bestritten wird, dass bestimmende Muster sexuellen Verhaltens heterosexueller, homosexueller, pädophiler, auch sadistischer und masochistischer Art sich bei den Einzelpersonen entweder auf Grund biologischer oder psychischer Gegebenheiten herausbilden und als solche nicht einfach behoben, sondern im besten Fall verantwortlich kontrolliert werden können. Da es sich bei allem erotischem Ausdruck um den am meisten verletzlichen Intimbereich des Menschen handelt, kann hier Reife und Würde nur aufblühen sowie bewahrt und vertieft werden, wenn empfindsamste Verantwortung dem anderen, dem Partner gegenüber angestrebt wird und beglückend gelingt. Alle Verführung nur zur Befriedigung der eigenen Begierde und Lust wird von den Opfern solcher Ausbeutung als Missbrauch erfahren und kann heute, besser als früher, als solcher geahndet werden. Dabei fällt die Rolle psychologischer Gutachten juridisch verschieden ins Gewicht.

Seit einem knappen Jahrhundert hat man auch in den Wissenschaften zur Einsicht gefunden, dass alle Forschungsansätze mit unreflektierten kultur- und individual-bedingten Voraussetzungen belastet sind, deren Einfluss keineswegs als bedeutungslos ignoriert werden sollte. Sich gerade auch im Verständnis der eigenen Sexualität der eigenen Herkunft und Entwicklung deutlicher bewusst zu werden, ist nicht nur von größter Wichtigkeit für alle Personen, deren Beruf Verantwortung für andere Personen mit sich bringt oder prioritär erscheinen lässt, sondern erweist sich zusehends wichtiger für die Glaubwürdigkeit aller hauptamtlich Wirkenden in Therapie und Seelsorge, und natürlich auch für die Therapie- und Seelsorge-Organisatoren.

Die sexuell Ausgeglichenen haben keinen Grund, sich in oberflächlicher Selbstsicherheit zu wiegen oder anderen überlegen zu fühlen. Wie weit man sexuell gereift erscheint und anerkannt wird, hängt von der wohlwollenden Beurteilung der anderen ab, die mit einem zu tun haben. Der sexuell Respektvolle wird immer bescheiden auftreten – ohne sich anzubiedern. Er bleibt sich der Verwundbarkeit seiner selbst und aller Mitmenschen bewusst, wird Güte walten lassen, wo immer möglich, Entschiedenheit gegenüber allem, was ihm als Übergriff erscheint. Heilung wird dort ermöglicht, wo Freundschaft weder aufgedrängt noch verweigert wird.

Karl Lwanga hat einige seiner jugendlichen Mitgefangenen getauft und im Todesmut bestärkt. Er ist ein ganz großes Vorbild geworden für alle, die sich um die Tausende von Flüchtlingen und Verfolgten der letzten Jahrzehnte in Ostafrika kümmern, deren Trost Jesus am Kreuz ist.

Während des kurzen Lebens von Karl Lwanga klärten britische Afrika-Forscher die uralte Frage der Quellen des Nil, der vom Victoria-See sich den Weg bahnt durch große Wasserfälle in Uganda. Damals war die britische Kolonialkontrolle noch nicht einflussreich genug, um die Mordlust des Königs Mwanga einzudämmen. In den letzten Jahrzehnten hatte Uganda unter rücksichtslosen Diktatoren und fanatischen Kinderschändern und Verführern zu leiden.

P. Franz-Günther Gessinger SVD