Die Feier der Osternacht

Predigtimpuls

Die Sehnsucht nach Leben will und muss gelebt werden!

Evangelium: Mt 28,1-10

 

In uns Menschen steckt der unausrottbare Wunsch nach Leben. Wer von uns würde schon, vor die Wahl zwischen Tod und Leben gestellt, das Leben nicht wählen? Die Sehnsucht nach einem Weiterleben nach dem Tod erfüllt unsere Erde, seit es Menschen auf ihr gibt.

Im Evangelium wurde uns die christliche Botschaft von der Auferstehung verkündigt. Viele haben Schwierigkeiten damit. Sie fragen, ob es denn ‘wahr’ oder ‘unwahr’ sei, was damals zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang, mitten in der Nacht, in Jerusalem passierte. Die Frage ist aber nicht richtig gestellt. Denn Ostern fragt gar nicht danach, ob ich die Auferstehung für möglich halte und ob ich mir vorstellen kann, wie so etwas vor sich geht. Vielmehr ist die Botschaft von der Auferstehung Gottes Antwort auf unseren unausrottbaren Wunsch nach Leben.

In dieser Botschaft hat sich der Glaube niedergeschlagen, dass der Gott, an den wir glauben, ein Gott des Lebens, ein Liebhaber des Lebens, ist. Er ist der Gott, der diejenigen, die er liebt, nicht im ewigen Tod vermodern lässt. In den Berichten von der Auferstehung hat sich die Hoffnung Ausdruck verschafft, dass Jesus, Gottes geliebter Sohn, für alle, die an ihn glauben, Anführer und Anstifter zum Leben ist. Seine Auferweckung durch den Vater ist Gottes Kampfansage gegen alles, was die Menschen hindert, leben zu können. Gott will nicht, dass die Menschen, seine Söhne und Töchter, im ewigen Tod bleiben. Und Gott will auch nicht, dass Menschen mitten im Leben so leben, dass sie einander den Tod bringen.

Gegen alle, die sich am großen Karfreitag der Welt die Hände gerieben haben, als sie IHN aufs Kreuz gelegt hatten und ER seinen letzten Schrei ausstieß, - gegen all die sagt Gott sein unerschütterliches JA zu diesem Menschen Jesus und zu seinem Lebensweg. Durch sein JA gibt Gott Jesus über seinen grausigen Tod hinaus Recht: seiner Liebe, die das Leben des Menschen über das Gesetz stellt; seiner Liebe, die auch die Sünder einbezieht in das neue Leben; seiner Liebe, die den glimmenden Docht nicht auslöscht und keinen, der schwach ist, auch noch knickt; seiner Liebe, die keinen ausgrenzt und sich nicht scheut, sich mit Ausgestoßenen an einen Tisch zu setzen; Gott gibt dieser Liebe Recht: dieser Liebe, die uns Gott lieben und Vater nennen heißt, ohne die Liebe zu Gott gegen die Liebe zum Menschen auszuspielen. Zu diesem Jesus und seinem Leben hat Gott in der Auferweckung ein unwiderrufliches JA gesagt.

Menschen, die an den auferstandenen Jesus und seinen neuen Weg zum Leben glauben, müssen sich fragen, ob Ostern auf sie passt; sie müssen ausprobieren, ob Ostern etwas mit ihnen und ihrer Art zu leben zu tun hat.
Ostern passt, wenn sie bereit sind, weiterzusagen, was Jesus für das Leben der Welt sagte und tat. Ostern passt, wenn sie den Mut haben, unserer Welt den Weg Jesu, den Gott als den richtigen ausgewiesen hat, nicht verschweigen und sie selbst genau diesen Weg nachgehen.
Solange es Menschen gibt, denen Ostern passt, ist die Botschaft vom auferstandenen Jesus eine gefährliche Botschaft! Eine gefährliche Botschaft für all die, die glauben, man könne das Leben eines Menschen mit Füßen treten.

Denn:
Seit er auferstanden ist, wissen wir: Jeder Mensch hat einen Namen und unzerstörbares Ansehen bei Gott. Niemand und wirklich niemand hat mehr das Recht, den Namen eines Menschen durch den Schmutz zu ziehen!
Seit er auferstanden ist, wissen wir: Jeder Mensch ist in seiner Einmaligkeit und Schönheit von Gott angenommen. Niemand hat mehr das Recht, die Würde eines Menschen mit Füßen zu treten.
Seit er auferstanden ist, wissen wir: Gott will das Leben und das Glück eines jeden Menschen. Niemand hat mehr das Recht, Menschen das Recht auf Leben abzusprechen und ihr Glück zu zerstören.

Es ist wahr: die Auferstehung Jesu erfüllt bis heute nicht alle Wünsche. Sie lässt bis heute zu wünschen übrig. Die heile Welt brach nicht an, als das Heil der Welt für immer besiegelt war. Darum möchte ich uns sagen:

Glaubt an die Auferstehung!
Aber glaubt nicht, dass sie euch zufliegt, wie eine gebratene Taube.
Wartet nicht auf bessere Zeiten!
Tut vielmehr etwas dafür, dass unsere Zeit besser wird.
Probiert Ostern aus, damit wenigstens ein bisschen von dem wahr wird, was wir für uns, unsere Kinder und unsere Welt erhoffen.
Ostergeschichten sind keine Totengeschichten!
Und wer sie ausprobiert, wird sehen: Es sind Wahrsagegeschichten!

P. Dr. Bernd Werle SVD