Hochfest der Gottesmutter, Neujahr

Predigtimpuls

„Ich bin da“

1. Lesung: Num 6,22-27
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: Gal 4,4-7
Evangelium: Lk 2,16-21
Zum Kantilieren des Evangeliums: www.stuerber.de

„Den alten Mann“ verbrennen. Diesen Brauch als Abschiednehmen vom alten Jahr kenne ich noch aus meiner indischen Heimat. Ein aus Stroh gebastelter „alter Mann“ wird mit gebrauchten Kleidern angezogen. Die Dorfleute, Jung und Alt, versammeln sich am Silvesterabend. Mit Trommel und Gesang wird getanzt bis Mittenacht. Kurz vor Mittenacht wird der „alte Mann“ verbrannt. Das alte Jahr ist tot und ein neues Jahr wird geboren. 

Neujahr – ein „spannender“ Termin! Die Nacht des Übergangs machen viele zum Tage, mit Freude, Jubel und Krachen. Altes und jüngeres Brauchtum wird gepflegt: Bleigießen, Feuerwerk, Mitternachtswalzer, perlender Sekt; man bleibt also in vertrautem Rahmen und will darin doch das Neue, das Unwägbare fassen, vielleicht beeinflussen. 

Die Liturgie macht es uns nicht leichter. Sie geht offiziell überhaupt nicht auf Neujahr ein, sondern will, dass wir den Oktavtag von Weihnachten feiern, den achten und letzten Tag des „großen Festes vom kleinen Gott“. Trotz des Titels „Hochfest der Gottesmutter Maria“ geht es gar nicht um Maria an sich, sondern um ihre Rolle als Mutter: Ihr Kind, das „der Herr“ ist, steht im Zentrum und nach ihm zählen wir die Jahre: „anno Domini“. Und als würde das noch nicht reichen, sind in diesen Tag zwei weitere Feste hineingepackt: der Weltfriedenstag, seit 1968, und das Fest der Beschneidung des Herrn. 

So viele Themen, so viele Anliegen, die angesprochen werden möchten. Ich bleibe bei Maria, unserer Mutter. Sie fasziniert mich immer wieder! Was hat sie alles in diesen Tagen erleben müssen! Es war, so entnehmen wir den Erzählungen in der Zusammenschau der Evangelien, ein Kommen und Gehen. Fromme und Neugierige, Gelehrte und Kritiker, Kleine und Große, alle wollen zum göttlichen Kind. Da waren zuerst die Hirten mit ihren Herden. Wenig später stehen Männer aus dem Osten vor der Krippe und huldigen dem Messias und bringen ihre Gaben dar. In all dem Durcheinander bewahrt Maria den Überblick und die Ruhe, so wird es dargestellt: Sie erwägt all das in ihrem Herzen. Alles, was an ihr geschehen ist, zieht vor ihrem inneren Auge vorbei. Vor allem doch, dass Gott sie auserwählt hatte, Mutter des göttlichen Kindes zu sein. Dass sie bei Gott Gnade gefunden hat. Dass Gott Großes an ihr getan hat. 

Mit Maria sind auch wir eingeladen, Gottes große Taten in unserem eigenen Leben zu bedenken, sie in unserem Herzen zu bewahren und daraus Vertrauen und Zuversicht zu entwickeln – Haltungen, die uns jetzt und in Zukunft tragen.

Wie Maria sollen wir Hörer des Evangeliums sein, das Gesagte über die Geburt und über Jesus im Herzen bewahren und darüber nachdenken. Es bleibt aber nicht nur der Einzelne angesprochen, sondern auch die Kirche im Ganzen. Vor allem aber soll sie dieses Evangelium von der Menschwerdung Gottes verkünden: Das Heil ist durch Jesus den Menschen geschenkt. Die Hirten kehren in ihren Alltag zurück. Aber nicht ohne die Erfahrung des menschgewordenen Gottes und seiner Verheißung des Heils und des Friedens für die ganze Welt. 

Gelassen und mit Gottvertrauen wie Maria lasst uns in das neue Jahr gehen. Wie Maria sind wir auch begnadet. Wissen tun wir nicht, was das Jahr uns bringen wird. Uns ist ein neues Buch mit 365 leeren Seiten geschenkt worden. Lasst uns Tag für Tag darin unsere persönliche Lebensgeschichte schreiben. Lasst uns wissen und vertrauen, dass Gott für uns durch Maria als Retter geboren ist, der seine schützende und segnende Hand über uns hält und uns begleitet. Amen


P. Vijay Tirkey SVD