21. Sonntag im Jahreskreis (B)

Predigtimpuls

„Herr, zu wem sollen wir gehen?“

1. Lesung: Jos 24,1-2a.15-17.18b
Zwischengesang: www.antwortpsalm.de
2. Lesung: Eph 5,21-32
Evangelium: Joh 6,60-69

„Herr, zu wem sollen wir gehen?“

Ein jüdischer Schüler fragte einmal seinen Rabbi: „Warum sagt Gott in der Geschichte vom brennenden Dornenbusch: Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, und nicht: Ich bin der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs?“ Die weise Antwort des Rabbis: „Weil jede Generation Gott neu suchen und finden muss.“

Jede Generation muss Gott neu für sich suchen und finden. Das erfahren heute viele gläubige Eltern sehr schmerzlich. Sie haben ihre Kinder nach bestem Wissen im Glauben erzogen, haben sie taufen lassen, haben für sie und mit ihnen gebetet, haben den Kindern von Jesus erzählt und sich bemüht, in den Kindern die Liebe zu Gott und zu Jesus zu wecken, haben dafür gesorgt, dass sie die Erstkommunion empfingen und sonntags die Messe besuchten; die Kinder waren sogar begeisterte Ministranten gewesen – und dann scheint alles umsonst gewesen zu sein: Die Kinder sind voller Misstrauen gegenüber dem christlichen Glauben, sehen eine Kirche nur noch von außen und leben, wie „man“ heute eben so lebt. Gott hat für sie keine Bedeutung, scheint aus ihrem Blickfeld verschwunden.

Das zeigt, getauft zu sein genügt nicht, jeder und jede muss versuchen, seine Zugehörigkeit zu Jesus für sich zu entdecken, immer wieder neu. Als Heranwachsende und als Erwachsene müssen wir das Glaubensbekenntnis, das bei der Taufe die Paten stellvertretend für uns gesprochen haben, nun selber mit Überzeugung sprechen. Oder wir sprechen es nicht.

Aber genügt es, das einmal zu tun? Sie haben sicher auch die Erfahrung gemacht, dass die Entscheidung für den Glauben, die Entscheidung für Jesus Christus und für seine Kirche, immer wieder neu getroffen werden muss. Menschen, die fast das ganze Leben jeden Sonn- und Feiertag an der Eucharistiefeier teilgenommen und sogar begeistert bei Veranstaltungen der Pfarrgemeinde mitgeholfen haben, bleiben plötzlich der Kirche fern. Die Entscheidung für Christus ist immer wieder neu von uns gefordert.

Ähnlich war es beim alten Volk Israel. In der 1. Lesung haben wir es gehört. Josua, der Nachfolger des Mose, hatte die Israeliten ins verheißene Land geführt. Als alle Stämme ihr Gebiet erhalten hatten, rief Josua alle führenden Männer der Stämme und Sippen zusammen. Sie sollten sich noch einmal entscheiden, ob sie Jahwe, der sie aus Ägypten herausgeführt hatte, als ihren Gott verehren wollten, oder ob sie lieber die vorher in diesem Gebiet und in den Nachbarländern verehrten Götter annehmen wollten. Das Volk entscheidet sich wieder für Jahwe. Wer die Bibel kennt, weiß, dass immer wieder eine solche Entscheidung nötig wurde; denn es hat die Israeliten immer wieder zu den „fremden“ Göttern gezogen und Männer wie Frauen suchten bald bei allen möglichen Göttern Hilfe.
Und wie sah die Erfahrung Jesu aus?

Wenn Jesus sprach, versammelten sich Menschenmengen und waren begeistert, konnten ihn gar nicht genug hören. Aber als Jesus, nach dem Johannesevangelium, davon gesprochen hatte, er sei das wahre Brot vom Himmel, das der Vater schenkt; wer von diesem Brote esse, werde in Ewigkeit leben; das Brot, das er gebe, sei sein Fleisch, und nur wer sein Fleisch esse und sein Blut trinke, habe das ewige Leben, da kehrten viele Menschen, die begeistert mit Jesus gezogen waren, nach Hause zurück. Das war für sie zu viel. Das kann man sich nicht anhören, meinten sie. Jesus nimmt kein Wort zurück, fragt sogar die Apostel, ob sie auch gehen wollen. Petrus gibt die Antwort des Glaubens, die Antwort der Kirche: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes.“

Die Apostel hatten erkannt und tief in sich aufgenommen, dass ihnen die Worte Jesu eine neue Welt eröffneten, sie zu einem neuen Leben befähigten, dass sie ihnen Mut machten, ihnen Hoffnung gaben, dass man mit diesen Worten leben konnte – auch wenn man nicht jedes Wort verstand. Diese Erfahrung ließ Petrus sagen: Zu wem sollten wir gehen? Wer könnte uns solche Worte geben wie du, Worte, die das Leben erhellen, uns einen guten Weg weisen, auf dem der, der sie uns sagt, uns vorangeht und uns Kraft gibt? Diese Erfahrung ließ die Apostel an Jesus festhalten.

Welche Erfahrung haben Sie mit Jesus gemacht, mit seinen Worten, mit der Kirche und ihren Sakramenten? Hat Ihnen der Glaube in schwierigen Situationen geholfen, ihnen Mut und Zuversicht geschenkt, Kraft gegeben? Es ist gut, ja kann wichtig sein, sich immer wieder einmal daran zu erinnern, um immer wieder ein frohes Ja zu Gott und zu Jesus Christus sagen zu können und den vielfältigen Versuchungen zu widerstehen.

Niemand kann uns die Entscheidung für den Glauben abnehmen und für uns entscheiden. Wir können auch niemand diese Entscheidung aufdrängen. Was wir aber für Menschen, die den Glauben aufgegeben oder auch nie gefunden haben, tun können: für diese zu beten und uns so mit Gott und Jesus Christus solidarisch machen, der jeden Menschen an sich ziehen möchte, um jedem Leben zu schenken, hier und im Reich der Ewigkeit.

 

P. Lothar Janek SVD