3. Fastensonntag (A)

Predigtimpuls

Geschmack haben an den Weisungen des Herrn

1.Lesung: Ex 17,3-7
2. Lesung: Röm 5,1-2.5-8
Evangelium: Joh 4,5-42

Essen und Trinken, wenn es denn nicht gerade in einem Fastfood-Restaurant heruntergeschlungen wird, kann in der Tat ein sinnlicher Hochgenuss sein. Es hat wesentlich mit „schmecken“ zu tun. Das größte Lob für meine Mutter war es daher auch, wenn am Sonntag die Familie sich einig war: „Mama, es hat uns geschmeckt!“ Das hat wohl auch damit zu tun, dass Liebe bekanntlich durch den Magen geht. Diese Volksweisheit wusste scheinbar auch Jesus. Immer wieder berichten die Evangelien davon, dass er mit Menschen zusammen gegessen und getrunken hat: Bei der Hochzeit zu Kana sorgte er dafür, dass der Wein nicht ausging (Joh 2,1-11). Bei Zachäus kehrte Jesus genauso gern zum Essen ein (Lk 19,1-10) wie bei Maria und Martha (Lk 10,38-42). Den Menschen auf dem Berg gab Jesus schließlich nicht nur wichtige Impulse für ihr spirituelles Leben mit (Mt 5,1-7,29), sondern forderte seine Freunde auf, mit ihnen Brot und Fisch zu teilen (Mt 14,15-21). Für jene Menschen, die religiös versteinert waren und seine Gedanken und Zeichen nicht verstehen wollten, war Jesus dann niemand anderes als ein „Fresser und Säufer“ (Mt 11,19). Dennoch: Jesus war zutiefst davon überzeugt, dass gemeinsames Essen und Trinken Beziehung schafft und Menschen miteinander verbindet. Vielleicht war das auch ein Grund, warum er ausgerechnet bei einem Mahl den Jüngern nahegelegt hat, stets zu seinem Gedenken Brot und Wein zu segnen und es in seinem Namen miteinander zu teilen.

Geschmack haben am Glauben, dürsten nach dem Wort Gottes, auch darum geht es in der Bibel. So spricht Gott bereits im Alten Testament zum Propheten Ezechiel: „Menschensohn, iss, was du vor dir hast. Iss diese Rolle! Dann geh und rede zum Haus Israel! Ich öffnete meinen Mund und er ließ mich die Rolle essen. Er sagte zu mir: Menschensohn, gib deinem Bauch zu essen, fülle dein Inneres mit dieser Rolle, die ich dir gebe. Ich aß sie und sie wurde in meinem Mund süß wie Honig.“ (Ez 3,1-3) Mit der Rolle war selbstverständlich die Schriftrolle, die Thora, gemeint und das Essen dieser Rolle dürfen wir als Sinnbild dafür verstehen, uns das Wort Gottes einzuverleiben, es zu verinnerlichen, es zu verdauen, damit es uns nährt. Im späteren Mönchstum entwickelte sich daraus die „lectio divina“, die tägliche Schriftlesung, die sich in der monastischen Tradition bis heute erhalten hat.

Die Sätze des Propheten erinnern mich an meine Erfahrungen, die ich als Missionar auf Papua Neuguinea machen konnte. Dort traten die Menschen immer wieder mit der Bitte an mich heran, ihnen die Heilige Schrift, die sie miteinander täglich lasen, besser zu erklären. Sie hatten einen spürbaren Hunger nach dem Wort Gottes. So scheint es mir auch mit den tausenden von Jugendlichen zu sein, die jährlich zu den Brüdern von Taizé pilgern, um mit ihnen zusammen Texte aus dem Evangelium zu lesen und sich darüber auszutauschen. Frère Roger Schütz, der Gründer von Taizé, pflegte ihnen zu sagen: „Lebe das, was du vom Evangelium begriffen hast, und sei es noch so wenig.“

Wie schön wäre es, wenn wir, so wie Jesus mit der Frau am Jakobsbrunnen, auch in unseren Familien wieder Geschmack fänden an einem Gespräch über den Glauben. Vielleicht mit Freunden. Vielleicht mit unserem Ehepartner. Vielleicht in der Familie. Eine schöne Schmuckausgabe der Heiligen Schrift im Wohnzimmerschrank hinter Glas aufzubewahren ist das eine. Täglich sie da herauszuholen und sie auch zu lesen, ist etwas ganz anderes. Das von Papst Franziskus ausgerufene „Jahr der Bibel“ könnte ein guter Anlass sein, jetzt in der Fastenzeit damit neu zu beginnen. Bibelteilen ist eine Gottesdienstform, die in unseren Breitengraden als Stiefkind behandelt wird, aber bei zunehmendem Priestermangel in der katholischen Kirche vielleicht noch an Bedeutung gewinnen wird. Der heilige Hieronymus jedenfalls meinte schon im 4. Jahrhundert: „Die Schrift nicht kennen heißt Christus nicht kennen.“

„Kostet und seht, wie gut der Herr ist“: mit diesen Worten aus Psalm 34 lädt der Priester in der Messe die Gläubigen zur Kommunion ein. Es könnte aber auch eine Einladung sein, in meinem Alltag neu Geschmack zu finden an diesen Gott, der so unendlich viele Wege weiß, um zu mir zu kommen, solange ich mit allen Sinnen für sein Wirken in dieser Welt wachsam bleibe.

 

© P. Norbert Cuypers SVD