13. Sonntag im Jahreskreis (B)

Predigtimpuls

Gottes Kraft in menschlicher Schwachheit

1. Lesung: Weish 1,13-15; 2,23-24
2. Lesung: 2Kor 8,7.9.13-15
Evangelium: Mk 5,21-43

Verkünden und heilen
Ein gutes Wort ist wie eine Berührung der Seele. Es kann Entmutigung in Ermutigung verwandeln. Ermutigung ist heilsam. Ein sanfter Händedruck, eine zärtliche Berührung können seelische und körperliche Schmerzen lindern. Jesus hatte den Leuten Ermutigendes zu verkünden: „Er sprach lange zu ihnen in Form von Gleichnissen“ (Mt 13,3). Es waren gute Worte, eine „Frohe Botschaft“. Daraus strömte die Kraft, Wunder zu tun – zu heilen: „Alle Leute suchten ihn zu berühren“ (Lk 6,19). „Er empfing sie freundlich, redete zu ihnen vom Reich Gottes und heilte alle, sie seine Hilfe brauchten“ (Lk 9,11).

Aber diese Kraft war nicht wohlfeil, nicht jede Berührung war heilsam. Das Drängen und Rempeln beim „unbedingt Dabeisein“, wenn etwas Außergewöhnliches passiert, bleibt banal, löst nichts Heilsames aus. Auch skeptische Beobachtung oder kritische Analyse kommen nicht an den heilsamen Lebensstrom heran. Die früheren Nachbarn Jesu, die Mitbewohner seiner Heimatstadt, die ihn doch gut kennen mussten, waren zwar durch sein Auftreten erstaunt, spürten etwas von seiner besonderen Sendung, blieben aber skeptisch. Sie trauten ihm nicht. Worüber wiederum Jesus verwundert war. „Nur einigen Kranken legt er die Hände auf und heilte sie.“

Wenn vom Leben nichts mehr zu erwarten ist.
Wenn Geld und Starallüren im Spiel sind, kommt Gottes Heilkraft nicht zur Wirkung. Sie zeigt sich da, wo ein Menschenleben nur noch aus Hoffnung existiert, wo vom Leben nichts mehr zu erwarten ist. Das war bei der Frau im heutigen Evangelium der Fall. Ihre Krankheit hatte sie ausgezehrt, buchstäblich blutleer gemacht. Da ist vom Vermögen die Rede, das sie ausgegeben hatte. Offenbar war sie wohlhabend gewesen, aber was hatte sie davon gehabt? Ihre Wohlhabenheit konnte sie von ihrem Leid nicht befreien. Der bleiche Tod war ihr ständiger Begleiter, sie war eine lebendige Tote.

In quasi verzweifelter Hoffnung nähert sie sich Jesus, unbemerkt, ohne Anspruch, anders als es manche taten, die sich an Jesus herandrängten. Sie wollte kein Aufsehen, sie vertraute auf die Macht Gottes, die im Verborgenen wirkt, die sich im Mann Gottes Jesus zeigte. Jesus selbst sollte es nicht einmal merken. Sie berührte nur den Saum seines Gewandes. Da zeigte sich, wie Gottes Kraft sich in der Schwachheit zeigt (2Kor 12,9). Sie erschrickt fast zu Tode, als Jesus sich ihr zuwendet und sie, die nur noch Randexistenz war, auf einmal in der Mitte steht als eine, an der Gott Großes getan hat.

Steh auf, hab Mut, er ruft dich!
Die Kraft der Gnade Gottes entzündet sich in dieser Szene noch nicht einmal an einer Handauflegung, wovon mehrfach im Evangelium die Rede ist, sondern an der schüchternen Saumberührung einer Frau, die sich der Gnade Gottes unwürdig fühlt. Hier hätte auch das Wort gepasst, das Jesus dem geheilten ehemals blinden Bartimäus sagte: „Dein Glaube hat dich geheilt“ (Mk 10,52). Im Bewusstsein „Ich und der Vater sind eins“ (Joh 10,30) variiert in der folgenden Szene die Offenbarung der in der Schwachheit wirkenden Kraft Gottes. Die schaulustige Menge bleibt zurück, die bestellten Trauergäste, die Jesus verlachen, bleiben draußen. Zum aufgebahrten Mädchen kommen mit Jesus nur die todtraurigen Eltern und drei Vertreter der Jünger, die Jesus später mit seinem Sendungsauftrag betrauen wird.

Das Mädchen kann sich nicht rühren, keinerlei Lebensäußerung ist mehr möglich. Da ergreift Jesus seine Hand mit dem schlichten Machtwort „Mädchen, steh auf!“ Diese Beschwörungsformel ist sogar in der Originalsprache überliefert. Sie ruft das Wort in Erinnerung, das die Leute dem blinden Bartimäus, den sie zuerst gescholten hatten, er solle schweigen, jetzt zusprechen: „Steh auf, hab Mut, er ruft dich!“ (Mk 10,49) Einige Fachleute der Bibelwissenschaften vermuten, dass die frühen Christen mit diesem Spruch kranke und leidende Menschen besucht und geheilt haben.

Das ist die Botschaft, die wir aus dem heutigen Evangelium mit nach Hause nehmen können: Wir sind gesandt, Gottes Gnade, die in Schwachheit wirkt, in Kraft zu setzen durch ein ermutigendes Wort und eine helfend ausgestreckte Hand.

P. Dr. Gerd Birk SVD