7. Sonntag der Osterzeit (B)

Predigtimpuls

Einen mutigen Blick in die Zukunft wagen.

1. Lesung: Apg 1,15-17.20a.c.-26
2. Lesung: 1 Joh4,11-16
Evangelium: Joh 17,6a.11b-19
Zum Kantillieren des Evangeliums: www.stuerber.de

Liebe Schwestern und Brüder,
es ist wieder viel von Religion die Rede.
Die letzten Monate haben das gezeigt; Kirchen wurden aufgesucht für ein Bittgebet, weil man oft nicht mehr weiß, wohin man mit all seinen Sorgen gehen kann. Gottesdienste werden im Livestream geschaut und mitgefeiert.
Zugleich wurde aber auch beklagt, dass „Kirche“ nicht präsent genug in der Öffentlichkeit war. Eine erstaunliche Feststellung angesichts des jahrelangen Abgesangs auf Kirche.

Es ehrt uns ja fast schon, dass wir angesichts eines jahrelangen, selbstverschuldeten Vertrauensverlustes bei vielen, vielen Menschen nun in dieser Krisenzeit doch noch so etwas wie eine Deutungskompetenz behalten haben.

Das alles in einer Zeit, die zudem weiterhin die schlichte Notwendigkeit mit sich bringt, die unselige Art und Weise des Umgangs mit sexualisierter Gewalt und Machtausübung endlich wirksam und nachhaltig anzugehen, zu bekämpfen und für die Zukunft zu verhindern.

Das sind enorme Umbrüche in Kirche und Gesellschaft und sie lassen diese Frage auch für uns – auch hier vor Ort – sehr virulent sein!

Das ist keine akademische und theoretische Diskussion! Es betrifft unsere Zeit und die zukünftige Gestalt von Kirche im westlichen Europa, in Deutschland, in den Diözesen und hier vor Ort! Und damit ist unweigerlich die Frage verbunden, wer wir in Zukunft sein werden und sein wollen, aber auch sein können!

In seinen Abschiedsreden, von denen heute ein Teil im Evangelium zu hören war, thematisiert Jesus die bleibende Spannung, in die wir Christen gestellt sind und gestellt bleiben.

Diese Spanne begründet sich in der Taufe, die uns auf untrennbare Weise mit Jesus Christus verbindet; untrennbar, weil darin auch der Tod eingeschlossen ist, unser je eigener Tod.

In der untrennbaren Verbindung mit IHM – dem Herrn – ist seine Auferstehung auch unsere Auferstehung eingeschlossen.

Diese Verbindung lässt uns ganz in dieser Zeit und in dieser Welt sein; Jesus sagt ausdrücklich, dass es nicht um eine Weltflucht geht.

Ausgehend von der zentralen Aussage der gesamten Heiligen Schrift, wie sie im ersten Johannesbrief so geradezu unglaublich formuliert worden ist, dass Gott die Liebe ist, können wir das Geschenk des Lebens für uns als solches nur eben wirklich als echtes Geschenk Gottes annehmen.

Die Positionsbestimmung in unserer Zeit muss sich also genau daran bemessen.
Es geht nicht um die Frage, welche Bedeutung und welchen Einfluss wir haben. Es geht nicht um äußere Erscheinungsformen von Kirche, die immer einem Wandel unterworfen sind, auch wenn wir das in unserer doch kurzen Lebensspanne immer übersehen.

Es geht in erster Linie darum, der Aussage, dass Gott die Liebe ist, eine Gestalt zu geben – unsere Gestalt zu geben. Alles, was uns dazu zur Verfügung steht, muss diesem Ziel in der Welt dienen; alles Materielle, aber auch all das, was uns in Taufe und Firmung als Talente gegeben ist. Und es gilt, Wege zu finden, wie genau dies in dieser Zeit gelingt!

Das Festhalten am Vergangenen, ob es nun wirklich oder nur gefühlt richtig und gut war, ist nicht sinnvoll und entspricht auch nicht dem, was uns verheißen und zugesagt ist: Dass nämlich Jesus Christus mit dem Heiligen Geist an unserer Seite bleibt, zu jeder Zeit und unter allen Bedingungen.

Wir beten in diesen Tagen um den Heiligen Geist, dass er uns bewusst bleiben soll als Lebenskraft der Kirche.

Er wird uns helfen, unsere Position und unsere Wirkweise zu finden; auch wenn das bedeutet, dass wir uns verändern und auch Gewohntes aufgeben.

Es ist ein fatales Zeichen, wenn Christen wahrgenommen werden als solche, die aus der Vergangenheit leben und keinen mutigen Blick in die Zukunft wagen.

Es ist ganz sicher noch schwierig, unsere Stellung in der Gesellschaft von heute und morgen zu bestimmen; aber es kann vom Anspruch her nicht anders sein, als dass wir der Aussage, dass Gott die Liebe ist, eine Gestalt geben.

Nur Kreuze aufzuhängen, genügt da nicht; nur Kirchengebäude erhalten, genügt da nicht; nur daran zu erinnern, wie gut und schön es einmal war, genügt da nicht.

Es braucht den Mut, dankbar in dieser Welt und dieser Zeit miteinander das Leben so zu gestalten, dass es Hoffnung ausstrahlt!

Markus Pottbäcker, Probst