VA - Pfingstsonntag (H)

Predigtimpuls

… wird er euch zur vollen Wahrheit führen

1. Lesung: Gen 11,1-9
Oder: Ex 19,3-8a.16-20
Oder: Ez 37,1-14
Oder: Joël 3,1-5
2. Lesung: Röm 8,22-27
Evangelium: Joh 15,26-27; 16,12-15
Zum Kantillieren des Evangeliums: www.stuerber.de

Nicht in Gewissheit und Zuversicht, wie sie im Evangelium ausgesprochen sind, erleben wir, dass der Beistand und die Kraft Gottes bei uns ist, sondern wir machen die Erfahrung, da Gott verborgen ist und schweigt. Es ist uns vielfach so, als gingen wir durch eine Zeit, die von Hoffnungslosigkeit und der Abwesenheit Gottes bestimmt ist. Martin Buber hat vor Jahren ein Buch mit dem Titel „Gottesfinsternis“ veröffentlicht und schrieb darin: „Verfinsterung des Himmelslichtes, Gottesfinsternis ist in der Tat der Charakter der Weltstunde, in der wir leben.“ Aber gleich einer Sonnenfinsternis, wobei die Sonne durch den dazwischengetretenen Mond nur verdeckt, aber nicht ausgelöscht ist, meint ,,Gottesfinsternis“ hier, dass Gott verdeckt ist, sich nicht wahrnehmen lässt, nicht jedoch, dass er tot und nicht existent ist; es ist nur gleichsam ,,etwas dazwischengetreten“ zwischen Mensch und Gott. Deshalb darf die Reaktion des Menschen darauf nicht Resignation sein, sondern eher ein geduldiges Ausharren in der „Wüstennacht“: „Die Finsternis des Gotteslichts ist kein Verlöschen; morgen schon kann das Dazwischengetretene vorbei sein.“ (Buber) In der Zwischenzeit mögen die einen aufhören, mit Gott weiterhin zu rechnen, da er weder Glück geben noch schaden kann, andere ihn für tot erklären, wieder andere mit ihm hadern. Wir werden durch das Evangelium auf Heiligen Geist verwiesen, der bei uns ist, die Dunkelheit erhellt, den Weg erkennen lässt.

Aber dass der Heilige Geist in uns lebt, uns und die Kirche führt, uns und ihr die Zuversicht Gottes schenkt, das erleben wir nicht. Unsere Erfahrung ist oft anders, gegenteilig. Bisher gegangene Wege in der Kirche und in der Mission werden ungangbar, und neue gangbare Wege sind vorerst kaum zu sehen. Für uns gibt es da nur das glaubende Ausharren, so wie wiederum Buber am Ende seines chassidischen Romanwerkes ,,Gog und Magog“ in einem Nachwort es ausgesprochen hat: „Es ist in dieser Wüstennacht kein Weg zu zeigen; es zu helfen, mit bereiter Seele zu beharren, bis der Morgen dämmert und ein Weg sichtbar wird, wo niemand ihn ahnte.“ „Es ist zu helfen“ – wem ist diese Hilfeleistung mehr aufgetragen als denen, denen das biblische Zeugnis anvertraut ist? Mehr noch, nicht nur das Zeugnis anvertraut, sondern auch die Zusicherung der Kraft aus der Höhe gegeben wurde.
 

P. Dr. Horst Rzepkowski SVD