Superlative

Superlative haben immer etwas Großsprecherisches an sich

Pubertierenden sollte man das nachsehen, wenn sie übertreiben, und nicht von irgendeinem, sondern von ‘dem’ Ereignis reden; wenn sie behaupten, etwas sei ‘unübertroffen’ und ‘phantastisch’, ‘einsame Klasse’, einfach ‘Spitze’, eine ‘Wucht’. - Sie tun sich eben mit der nüchternen Betrachtungsweise schwer. Aber nicht nur sie. Vielen ist das Wort ‘gut’ heute nicht mehr gut genug, sie reden von ‘bestens’. Viele wünschen inzwischen nicht nur einen schönen, sondern einen wunderschönen Tag. Ist schön zu wenig? Müssen die Tage noch schöner als schön sein? 

Sogar in unsere Nachrichten, die doch auf Sachlichkeit Wert legen, schleichen sich mehr und mehr Superlative ein. Da ist oft die Rede von einem ‘bedeutendsten’ Roman, von der ‘längsten’ Brücke, dem ‘kühnsten’ Unternehmen, der ‘gewaltigsten’ Katastrophe oder von der ’beliebtesten’ Sendung mit der ‘höchsten’ Einschaltquote. Wie oft schon wurde das ‘eindrucksvollste’ moderne Drama uraufgeführt? Wie häufig schon das ‘schnellste und komfortabelste’ Linienschiff auf Jungfernfahrt geschickt? Die Einschränkungen: „Soweit man die Sache jetzt schon überschauen kann“, „nach Meinung namhafter Experten“, oder „verglichen mit dem Vorjahr“, können den Eindruck, dass eine Höchstleistung gelungen ist, nicht mehr verwischen. 

Superlative haben immer etwas Großsprecherisches an sich: dass ein Überbieten nicht mehr möglich ist! In Wahrheit hat es das ‘Größte’, ‘Schönste’, ‘Beste’ nie gegeben und wird es hier auf unserer Erde auch nie geben! Unsere Sprache lässt deshalb bei manchen Wörtern Steigerungen gar nicht zu: Was wahr ist, kann nicht wahrer werden, was tot ist, nicht noch mehr tot sein. Man kann etwas nur recht - aber nicht noch rechter - machen. Man kann nur das Seine tun und sich dabei nicht überbieten. Wer immer die beste aller Lösungen treffen will, wird die richtige Entscheidung zur rechten Zeit versäumen, und wer das Optimale fordert, manövriert sich und andere in einen Stresszustand hinein.


P. Walter Rupp, SJ