Franziskus

Man sollte Franz von Assisi nicht als versponnenen Romantiker verdächtigen.

Die Hagiographen, die sich mit dem Leben der Heiligen befassen, werden wohl nicht mehr klären können, warum Franz von Assisi den Blumen und den Vögeln predigte, und was der Inhalt seiner Predigt war. Glaubte er, Blumen und Vögel könnten ihn verstehen? Ja, wollte er überhaupt von ihnen verstanden werden? 

Man sollte Franz von Assisi deshalb nicht als versponnenen Romantiker verdächtigen. Er erlaubte sich, uns, die vernunftbegabten Wesen, die sich so überlegen dünken, bloßzustellen, weil sie versäumen, was für die nicht vernunftbegabten Wesen selbstverständlich ist: sie deuten auf den Schöpfer. Wie der Fabelerzähler, der seine Gedanken den Tieren in den Mund legt, obwohl er weiß, dass sie nicht reden können, aber diesen Umweg wählt und Tiere sagen lässt, was Menschen sich nicht gern von einem Menschen sagen lassen, redete er zu Tieren, während er die Menschen meinte.

Franz von Assisi wusste, ehe Ökologen davon sprachen, dass der biblische Auftrag, über die Erde zu herrschen nicht als Freibrief verstanden werden darf, sie auszubeuten. Er wusste, dass der Mensch nur das Eigentum des Schöpfers verwaltet und konnte die geschaffenen Dinge nicht sehen, ohne an den Schöpfer erinnert zu werden. - Warum wählten die Ökologen ihn, dessen Ehrfurcht vor der Schöpfung vorbildlich war, nie zum Vorbild? Halten sie etwa den Blick auf den Schöpfer für entbehrlich? Oder seine Auffassung von alternativer Lebensweise, die den Verzicht auf materielle Güter verlangt, für zu radikal? 


P. Walter Rupp, SJ